"Haben sie auf den Seiten der Zeitungen oder Magazine schon einmal
ihr Leben ausgebreitet gefunden, und meistens schief? Ihre Sprechweise, Ihr Einkommen,
Ihre Gewohnheiten in Liebesdingen? Mit welchem Recht hat man sie derart zerlegt? Um der
Wissenschaft und der Wahrheit willen, zum Wohle der Menschen, um der Kur willen. In
Wirklichkeit um Geldeslohn oder wissenschaftlichen Ruhm. Haben sie bemerkt, daß sich die
Neugier stets auf die Toten und die wehrlosen Schwachen richtet, nie auf die Mächtigen?
Die Subjekte der Humanwissenschaften unterscheiden sich von deren Objekten - keineswegs
handelt es sich um die gleichen Menschen." (ANM: Michel Serres, Der Hermaphrodit, S.
51)
Bereits in der auswertenden Analyse von Publikationen aus der Techno-Kultur (ANM: Vgl.
Kapitel 3.4.) konnte festgestellt werden, daß die zentrale Organisations- und
Erlebnisform dieser Kultur, Parties und Raves, nur unter sehr spezifischen Aspekten eine
Rolle spielt. Zwar werden Parties ausführlich angekündigt und nachbesprochen, doch wird
dabei kaum das Terrain aufbereitet, das sich vielleicht zunächst unter dem Fragenkatalog
was passiert auf einer Party?
welche Erfahrungen und Erlebnisse machen die Einzelnen hier?
was passiert mit ihnen?
welchen Stellenwert hat dieses auf Parties Erfahrene und Erlebte für sie?
welche Rückwirkungen haben diese Erfahrungen und Erlebnisse für ihren konkreten Alltag?
zusammenfassen lässt.
Die sozialen und psychologischen Aspekte der Alltagspraxen der Beteiligten im
Referenzrahmen Techno-Kultur bleiben so weitgehend außen vor. Ihre Explikation und
Diskussion findet in den untersuchten Zeitschriftenformaten definitiv nicht statt.
Eine erste mögliche Begründung leitet sich aus der empirischen Erfahrung ab, wie
Techno-Parties funktionieren. Im Mittelpunkt steht die Tanzfläche und daher gilt
eigentlich immer: prinzipiell ist es einfach zu laut, um sich zu unterhalten. "Daß
man in Sprechblasen spricht, dafür sorgt allein schon die Geräuschkulisse". (ANM:
Thomas Haemmerli, Das Lebensgefühl, S. 185) Zwar kann man jederzeit den Raum verlassen,
um sich zu unterhalten, dennoch bleibt das Faktum bestehen, daß die zentrale Praktik
einer Party, das Tanzen, weitgehend mit der Praktik des Sprechens und Sichunterhaltens
unvereinbar ist. Jan Engelmann spricht daher vom "nicht-diskursiven
Tanz-Ereignis". (ANM: Jan Engelmann, Honeymoon, Exzeß uund Runterkommen, in: Spex
4-97, S. 58)
Die enorme Lautstärke, mit der die Musik in der Regel abgespielt wird, kann dabei bereits
als nächster Hinweis genommen werden: Es kann formuliert werden, daá Techno-Musik daher
nicht nur akustisch gehört, sondern auch physisch wahrgenommen wird. Insbesondere die
Bassfrequenzen, die bisweilen - rein motorisch - körperliche Vibrationen auslösen,
können hier belegend angeführt werden.
Nach der vorangegangenen Bestandsaufnahme der Diskurse in den Techno-Publikationen kann
darüber hinaus formuliert werden, daß dort kaum Aussagestile und Sprachformen gefunden
wurden, die in der Lage sein dürften, über diese Aspekte der Alltagspraktiken zu
sprechen.
Aufgrund all dieser Indizien kann gefolgert werden, daß das Nicht-Zur-Sprache-Kommen
dieser Themen wohl schwerlich nur auf einem zufälligen Ver- oder Übersehen beruht.
Vielmehr kann es wohl kaum ohne eine ihm zugrundeliegende Systematik vorgestellt werden.
Im Folgenden soll nun annäherungsweise diese Systematik erörtert werden.
Erste Annäherung an die Funktion der Sprache
Einen möglichen Ansatzpunkt liefert Michael Kerkmann, der nun etwas ausführlicher zu
Wort kommt:
"Für Leute, die sich schon lange in der Elektronikwelt aufhalten,
stellt sich das Problem von seiner anderen Seite. Die prinzipielle Verweigerungshaltung,
die hier gegenüber einer bestimmten Form von Kommunikation hergestellt wurde,
resultierend in einer informellen Ausgrenzung, hat ihren Grund wohl in dem Umstand, daß
die Definitionsmacht meist den anderen gehört. Aus diesem Grund besteht die Befürchtung,
daß Freiräume durch Beschreibung und Eingliederung in einen umfassenden begrifflichen
Kosmos zunichte gemacht werden könnten. Wenn die Gehirnpolizei ab und zu auf Kontrollgang
geht, macht man lieber die Clubtür leise zu und will nur die drinnen haben, die das
Angebot zur unmittelbaren Erfahrung annehmen, nicht dagegen die Spielverderber. Sprache,
dieses ungenügende, vorläufige Etwas. Ein Angriffsziel von Tanzmusik, nicht erst seit
Techno, ist nun einmal das übernervöse Bewußtsein, der innere Schauplatz, auf dem sich
das Ungenügen an den äußeren Umständen aufhält. Hier wird Musik als Erfahrung für
den ganzen Körper gesetzt, und diese Erfahrung kann man sprachlich, also zeitlich
nachgeordnet, nicht in ausreichendem Maáe vermitteln. Wie David Bowie einst sang:
"All that happened in the past happens in your mind/Forget your mind and you'll be
free" ("Fill your heart", 1971). Da mußt du schon hinkommen, soll sich
deine körpereigene Elektrik mit den außerhalb von ihr liegenden Feldern austauschen.
Life's a Gas, ein Strom. Wenn man dies thematisiert, dann weil man sich den denkbar
größtmöglichen Rahmen geben will - und gleichzeitig den denkbar kleinsten. Sprache
erzeugt Distanz und Differenz, so wie auch Distanz Sprache schafft, während im Erleben
die Sprache an Relevanz verliert." (ANM: Michael Kerkmann, Paroles, Polkas und
Parolen, Spex 11-96, S. 34)
Kerkmann unterstellt also der skizzierten Problematik gleichfalls eine sie
konstituierende Systematik. Er beschreibt eine "prinzipielle Verweigerungshaltung
(...) gegenüber einer bestimmten Form von Kommunikation" in der Techno-Kultur. Diese
bestimmte Form von Kommunikation spezifiziert sich zuvor im Text, in dem sie einer Haltung
zugewiesen wird, die die Wirkungsweise der Musik auf die Körper folgendermaßen wahrnimmt
und beschreibt: Die Musik wird als "Untermalung empfunden, die auf weniger
Aufmerksamkeit stösst und so die Abwehrkräfte mit der Folge entschärft, daß man als
kalte, willenlose Datenmasse zurückbleibt. Früher nannte man das Manipulation."
(ANM: Ebd.)
In einen breiteren Zusammenhang kann die Haltung auch als Art und Weise bezeichnet werden,
wie eine Herangehensweise an Musik, für die das Magazin Spex und dessen Redakteur
Kerkmann steht, der Techno-Kultur gegenübertritt.
Für diese Herangehensweise funktioniert Sprache nach Kerkmann - wie schon bei Rainald
Goetz (ANM: Vgl. Abschnitt 3.3. - gewissermaßen wie ein blockierendes Element, wenn es
darum gehen soll, Erlebnisse und unmittelbare Erfahrungen zuzulassen. Genau die Komponente
körperlicher Erfahrung setzt er jedoch als primäre Erfahrungsform in der Techno-Kultur
an. Kerkmann geht davon aus, daß Techno-Musik und der Besuch von Techno-Parties Erlebnis-
und Erfahrungswelten produziert, die "für den ganzen Körper gesetzt" sind.
Daher ist der skizzierte Diskurstyp, für den Spex steht, hier zweifellos fehl am Platz.
Daher stellt Michael Kerkmann in den Vordergrund, daß in der Techno-Kultur "Musik
als Erfahrung für den ganzen Körper"(ANM: Ebd.) gesetzt wird. Diese Perspektive -
die vielleicht als ganzheitlich bezeichnet werden könnte, wäre der Begriff nicht
einschlägig esoterisch besetzt - situiert die Sprache derart, daß sie ohnehin keinen
Zugriff auf die relevanten Erfahrungs- und Erlebnisweisen in der Techno-Kultur besitzt.
Sprache hat demnach nicht nur keinen Zugriff hierauf, sondern scheidet gleichzeitig als
infragekommende soziale Praktik aus, die in der Lage wäre, an dieser primären
Erfahrungs- und Erlebnisweise zu partizipieren. Sprache kann sich für Kerkmann nur
zeitlich nachgeordnet zu dieser äußern.
Kerkmanns Argumentation zufolge ist Sprache zwar in der Lage, sich zum Thema Techno und
auch den sozialen und psychologischen Aspekten der im Rahmen Techno-Kultur gängigen
Alltagspraxen zu äußern, nur können sprachliche Aussagen diese kaum fassen und darüber
hinaus schwerlich Einfluß auf diese Alltagspraxen nehmen. Sprache ist demnach nicht in
der Lage, jene Erlebnisweisen, auf welche Art auch immer, zu affizieren.
Der dargestellte Zusammenhang kann als mögliche Begründung der insgesamt doch deutlich
relativierten Bedeutung von Sprache in der Techno-Kultur genommen werden.
Aufgrund der Rolle, die Drogen in der Techno-Kultur spielen, (ANM: Vgl. Abschnitt 4.3.4)
korrespondiert dieser Gedankengang vielleicht nicht ganz zufällig mit Problemen, auf die
man stösst, wenn man sich beispielsweise mit den sozialen und psychologischen Aspekten
von Drogenkonsum beschäftigt. Hier findet sich tendenziell die gleiche Situation einer
hilflosen Sprache wieder. Das von Kerkmann skizzierte Bild entspricht daher weitgehend
jenem, das Avital Ronell entwirft, wenn sie sich zur Problematik, über Drogenerfahrungen
zu sprechen, äußert:
Kerkmanns Aussagen entsprechen einigen Ergebnissen der bisherigen Untersuchung. An
erster Stelle kann hier das analysierte Verhältnis des Textes aus "Der
Partysan" zu Mustern reflexiver Diskurse genommen werden. Dort fand sich die
Abwesenheit der Verwendung der reflexiv verstandenen Kategorie der Bedeutung. Insbesondere
die Kategorie der Bedeutung, gefasst als Begriff, dessen Verwendung einen ganzen Raum
schier unermeßlichen Sprechens eröffnet, muß als zentrale Form der Produktion
reflexiver und analytischer Diskurse angesehen werden. Als solche tauchte sie nun im
untersuchten Text nicht auf und es konnte gleichfalls auf eine herrschende Systematik, die
diesem Nichtauftauchen zugrunde lag, geschlossen werden.
Als zweiter Korrespondenzpunkt kann die von Rainald Goetz formulierte These, dernach das
kritisch-reflexive Denken als Technik der Negativität bestimmt ist, angegeben werden.
Derart bestimmt, findet sie ihre emphatischste Formulierung im Goetzschen Postulat:
"Sprache: No. Yes, ein konkretes Leben."
Auf noch drastischere Art fassen Böpple/Knüfer den Zusammenhang mit der prägnanten
Formulierung "Schweiß eint, Geist trennt." (ANM: Friedhelm Böppple/Ralf
Knüfer, Generation XTC, S. 101) zusammen.
Den Gedanken der Inkompatibilität zwischen den Erfahrungsweisen in der Techno-Kultur und
kritisch-reflexiven Diskursen artikuliert gleichfalls Thomas Haemmerli, wenn auch auf sehr
persönliche Weise: "Ewiges Schandmaul, das ich bin, will mir am Rave doch nie nix
Böses einfallen, will partout kein Sarkasmus und kein Bonmot über meine Lippen."
(ANM: Thomas Haemmerli, Das Lebensgefühl, S. 185)
Auch Haemmerli beschreibt die Techno-Kultur derart, daß er ihr eine der Goetzschen
vergleichbare höchst individualistische Ethik zuweist: "Das Mentalitätsmodell, das
zu Techno gehört, ist affirmativ. Techno ist ein Testlabor für ein nahezu reibungsfreies
Nebeneinander. Du kannst tun und lassen, was du willst, niemand wird daran Anstoß nehmen.
Am Mega-Rave kannst du im Vorraum am Boden liegen und ein Ohr voll Schlaf nehmen,
bewußtlos oder tot sein, niemand wird dich dabei stören." (ANM: Thomas Haemmerli,
Das Lebensgefühl, S. 186f)
Sprache, Normativität und Ethik
Innerhalb dieser etwas polemischen ethischen Maßgabe kann auch die Funktion von Sprache
der Techno-Kultur situiert werden.
Dabei kann man davon ausgehen, daß die Ethik die Verwendung von Sprachformen befördert,
die sich den Vorgaben jenes strikten Individualismus konform konstituieren und demgemäß
verfasst sind.
Michel Foucault unterscheidet zwischen zwei grundsätzlichen Typen ethischer Systematik.
Bezüglich des ersten gilt, "(...) daß in bestimmten Moralen der Akzent vornehmlich
auf dem Code liegt: seiner Systematizität, seinem Reichtum, seiner Fähigkeit, sich an
alle möglichen Fälle anzupassen und alle Verhaltensbereiche abzudecken; in solchen
Moralen ist das Wichtige auf seiten der Autoritätsinstanzen zu suchen, die diesem Code
Geltung verschaffen, seine Erlernung und Beachtung durchsetzen, die Übertretungen
sanktionieren; unter diesen Bedingungen vollzieht sich die Subjektivierung hauptsächlich
in einer quasi juridischen Form, in der sich das Moralsubjekt auf ein Gesetz oder ein
Ensemble von Gesetzen bezieht, denen es sich unterwerfen muß, widrigenfalls es einer
Bestrafung verf"llt." (ANM: Michel Foucault, Der Gebrauch der Lüste, S. 41)
Die Techno-Kultur kann kaum als derart verfasster sozialer Zusammenhang bezeichnet werden.
Wie gezeigt, findet sich hier keinesfalls ein Code, der etwas durchsetzt, unterwirft,
vorschreibt oder sanktioniert. Die Sprache funktioniert hier alles andere als in der
Weise, Gesetze und Vorschriften zu formulieren, an denen sich das konkrete Verhalten der
Individiuen zu orientieren hätte. Ganz im Gegenteil, scheinen hier gerade die
Funktionsweisen von Sprache, die darin bestehen, durch explizite Aussagen normativ auf die
Individuen einzuwirken und die sich hieraus ergebenden Modelle des juridischen Bezugs von
Sprache auf die konkreten Indivduen, weitgehend suspendiert. (ANM: Es existiert also kein
verschriftetes ethisches Normsystem, dessen Einhaltung quasi einklagbar wäre. Es könnte
die These entwickelt und überprüft werden, ob der Aspekt der nicht vorhandenen Songtexte
diesbezüglich die Techno-Kultur von anderen Pop- und Jugendkulturen differenziert. ...)
Viel eher entspricht da schon Foucaults zweite Skizze einer ethischen Systematik
derjenigen, die sich in der Techno-Kultur vorfindet:
Zumindest bezüglich der sozialen und die Beziehungen der Individuen reglementierenden
Funktion von Sprache kann die Techno-Kultur diesem Typus zugeordnet werden. Denn
zweifellos findet sich hier ein "rudimentärer Code" vor, der kaum über
Facetten verfügt, die im Sinne der Entfaltung einer expliziert codierten Normativität
auf die verwickelten Individuen abzielen.
Zweite Annäherung an die Funktion der Sprache
Der Zusammenhang des Nicht-Auftauchens der sozialen und psychologischen Aspekte der
Alltagspraxen in den Diskursen der Techno-Kultur kann mit Susan Sontags Credo der
Camp-Kultur verglichen werden: "Eine Erlebnisweise zu beschreiben ist fast - aber
nicht ganz - unmöglich. Jede Erlebnisweise, die in das starre Schema eines Systems
gezwängt oder mit dem groben Werkzeug des Beweises behandelt werden kann, hört auf, eine
Erlebnisweise zu sein. Sie ist zur Idee verhärtet." (ANM: Susan Sontag, Anmerkungen
zu Camp, S. 42)
Ihre Beschreibung kann als genauere Spezifikation dessen genommen werden, was Rainald
Goetz unter der Negativität reflexiven und analytischen Denkens fasst. Zugespitzt
formuliert, würde demnach jede schematisierende und systematisierende Beschreibung ihren
Gegenstand, also die beschriebenen Erlebnisse, quasi entwerten und ihm Gewalt antun.
Zu den Problemen des fehlenden Zugriffs von Sprache auf die Erfahrungsweisen und des
hiermit verwandten Aspekts der stets zeitlichen Nachordnung der sprachlichen Performanzen
käme quasi noch hinzu, daß die Verwendung beschreibender Sprache mit der Zerstörung der
Möglichkeit, die im Techno angebotenen Erfahrungs- und Erlebnismuster wahrzunehmen,
einherginge.
Sontags Argumentation unterstellt dabei eine besondere Beziehung zwischen den Kategorien
der Wahrheit, des Diskurses und den Praktiken der Individuen, die ich kurz darstellen
werde.
In ihrem Gedanken konstruiert Sontag eine Figur, dernach die Diskursivierung von
Erlebnisweisen diese entwertet. Die diesen Erlebnisweisen konkret zugrundeliegenden Praxen
verlieren die Fähigkeit, diese Erlebnisweisen überhaupt zu produzieren. Die Hinweise auf
das starre "Schema eines Systems" und das "grobe Werkzeug des
Beweises" deuten darauf hin, daß die gemeinten Beschreibungsweisen der Verfaßtheit
wissenschaftlicher und analytischer Diskurse vergleichbar sind, die sich auf den
Wahrheitstypus beziehen, der das Wahrheitskriterium als der Sprache vorgängiges situiert.
Das Beschreiben von Erlebnisweisen in Diskursen dieses Wahrheitstypus verunmöglicht nach
dieser Lesart die Aufrechterhaltung dieser konkreten Erlebnisweise. Die Praktiken der
Individuen, die diese Erlebnisweise konstituierten, werden durch den die Wahrheit sagenden
Diskurs entwertet und in ihrer Funktion, Erlebnisweisen zu generieren, suspendiert.
Mit dieser Figur kann nun die diskursive Abwesenheit der sozialen und psychologischen
Aspekte der Alltagspraxen in der Techno-Kultur zu erklären versucht werden. Im diesem
Sinne kann diese Abwesenheit als eine systematische verstanden werden, die gewährleistet,
daß die konkreten Alltagspraxen in der Techno-Kultur den Status beibehalten,
Erlebnisweisen für die Individuen produzieren zu können.
Demnach würde das Thema der Alltagspraxen in den Techno-Zeitschriften systematisch
ausgeklammert, da dessen Diskursivierung möglicherweise zu dem führen könnte, was
Sontag als Aufhören der Erlebnisweise und deren Verhärtung zur Idee beschreibt.
Ganz ähnliches artikuliert beispielsweise Jan Engelmann, der formuliert, daß in der
Techno-Kultur "(...) der Gegner weniger in der Polizei und deren Einsperrungs- und
Überwachungspraktiken gesehen wird, als in der Presse, die Informationen über den
Underground verfügbar macht, das nicht-diskursive Tanzereignis diskursiviert (...)"
(ANM: Jan Engelmann, Honeymoon, Exzeß und Runterkommen, in: Spex 4-97, S. 58)