garip dünya

 

 

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Frankfurter Häuserkampf 2001 ...

 

Wer in Frankfurt, der nach München zweitteuersten Stadt des Landes, eine Wohnung sucht oder sich gar mit dem Gedanken trägt, eine WG neu zu gründen, weiß eigentlich schon Bescheid: Es ist schwer, sehr schwer, noch schwerer und vor allem teuer. Wer allerdings der Idee verfällt, sich mit 22 (!) Leuten (inkl. 8 Kindern) auf Wohnungssuche zu begeben, sollte sich die Sache am besten so schnell wie möglich wieder aus dem Kopf schlagen.

Mit so vielen Leuten aber sucht die Gruppe IGL (initiative gemeinsames leben im 21. jahrhundert) eine Bleibe. Die 22 IGLs verstehen sich selbst als »soziale Familie« und haben sich, so ihre Selbstdarstellung, »bewusst für ein Leben, Wohnen und Arbeiten in einer größeren Gemeinschaft« entschieden. Nachdem verschiedene Versuche, über den »freien« Wohnungsmarkt und die Stadt Frankfurt ein geeignetes Do-mizil für das Projekt zu finden gescheitert waren, entschied sich die Initiative für einen etwas unkonventionelleren Weg der Wohnungssuche: Durch die kurzzeitige Besetzung eines Hauses sollte auf das Projekt und sein Anliegen aufmerksam gemacht und eine breitere Öffentlichkeit geschaffen werden.

Im September war es dann soweit; ein geeignetes Objekt gefunden: Eine schon seit mehreren Jahren leerstehende repräsentative Villa im Frankfurter Westend. Für ein Wochenende reanimierten die IGL-Leute als »Alpha-Team« das leerstehen-

de Haus durch ein breitangelegtes Kulturprogramm mit Diskussionsveranstaltungen, Kindertheater, Band-auftritten und einem Drum & Bass Club. Für einen klitzekleinen Moment blitzte so die Hoffnung auf, eine der unzähligen, als Anwaltskanzleien und Versicherungsbüros zweckentfremdeten Westendvillen könnte endlich einer vernünftigen Nutzung zugeführt werden. Leider wurde nach dieser recht netten Propaganda-der-Tat die schöne Villa (wohl sehr, sehr schweren Herzens, wie ich vermute) montags wieder freiwillig verlassen.

Doch entschloss sich die Gruppe bereits einen Monat später zu einer abermaligen Reanimierung leerstehenden Wohnraums. Diesmal wollte IGL als »Delta-Bau« dauerhaft ein Haus akquirieren. Die Voraussetzungen waren (zumindest moralisch gesehen) gar nicht einmal so schlecht und das Objekt ziemlich gut gewählt: Ein Altbau in der ehemaligen – mittlerweile schon größtenteils abgerissenen – Frankfurter ArbeiterInnensiedlung Bockenheim-West, die right now zum Yuppie-Wohnpark »City-West« upgedated wird. Wäh-rend besagtes Haus schon vor einiger Zeit von der Besitzerin, der (noch) städtischen Wohnungsbaugesellschaft AGB-Holding, erfolgreich »entmietet« werden konnte, harren in den umliegenden (ebenfalls der Abrissbirne geweihten) Häusern – sehr zum Missfallen der AGB – noch immer etliche renitente MieterInnen aus. Unter ihnen auch solche, die dort schon ein gutes halbes Jahrhundert wohnen und nunmehr 70 bis 80jährig an die frische Luft gesetzt werden sollen. Entsprechend freudig wurden dann auch die AktivistInnen der »Delta-Bau« begrüßt: Nicht zuletzt erhofften sich die AnwohnerInnen durch die Aktion eine Unterstützung ihrer immer mehr auf verlorenen Posten geratenden Bürgerini-

tiative für den Erhalt der ArbeiterInnensiedlung.

Die AGB-Holding dachte aber natürlich nicht im Traum (aus der Traum) daran, sich ihre lukrativen Sanierungspläne von IGL und Bürgerinitiative durchkreuzen zu lassen: Das Haus wurde gleich am morgen nach der Eröffnungsparty kurzerhand von einer eigens aus der Landeshauptstadt angereisten Cop-Hundertschaft geräumt, Eltern vor den Augen ihrer Kinder in Gefangenentransportern verschleppt und Strafantrag gegen die kreativen und völlig friedlichen HäuserwiederbeleberInnen gestellt. Frankfurter Stadtpolitik at its best.

Zu hoffen bleibt aber trotz alledem, dass sich die IGL-AktivistInnen durch ihre (temporäre) Niederlage nicht so schnell entmutigen lassen und ihre vorbildlichen Aktionen zahlreiche NachahmerInnen finden werden ...

www.igl21.de

 

Oliver Groß

 

 

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Einweihen, Bewältigen, Wohlfühlen:

Offizielle Er-öffnung des IG Farben-Gebäudes

 

 

»Es ist mir eine große Freude und Ehre, daß wir das Ereignis der Einweihung des IG Farben-Gebäudes mit einer so großen Zahl bedeutender Persönlichkeiten aus nah und fern feiern können.«1 (Rudolf Steinberg) Zu diesen für den Universitätspräsidenten bedeutenden Persönlichkeiten zählten die Überlebenden des Zwangsarbeiterlagers der IG Farben in Buna-Monowitz nicht, dabei ging es am 26. Oktober doch um die Eröffnung des ehemaligen Hauptsitzes der IG Farben als neuem Gebäude der Universität Frankfurt.

Bei der vorangegangenen Einweihung einer Gedenktafel am Eingang des Gebäudes begrüßte Steinberg noch die wenigen Überlebenden, die zur Zeremonie erschienen waren. Er räumte ihnen jedoch keine Möglichkeit ein, an diesem Orte zu reden, weshalb viele nicht kamen.

An das IG-Farben Gebäude als amerikanisches Hauptquartier erinnerte General a. D. Joulwan; den Grund amerikanischer Anwesenheit in Deutschland gab Roland Koch der nationalen Verdrängung anheim. Er sprang von der Universitätsgründung im Kaiserreich in die Nachkriegszeit. Gut, dass der Großteil seiner Rede durch studentische Proteste unhörbar gemacht wurde. Ruth Wagner, hessische Ministerin für Wissenschaft und Kunst, hingegen verschweigt nicht die Vergangenheit, sondern findet den Anschluss:

»Gerade in Zeiten, in denen die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche uns zu überwältigen scheinen, ist es gut, sich unserer Geschichte, unserer Herkunft, unseres kulturellen Erbes, unseres geistigen und emotionalen Hintergrunds zu versichern. Dieser Ort ist in besonderer Weise dafür geeignet«

Wie gut der Ort sich auf das Erinnerungsvermögen von Frau Wagner auswirkt, zeigt sich u. a. darin, dass sie sich nur an das Versprechen für eine Gedenktafel erinnert (was durch Druck von Überlebenden und Studierenden eingelöst werden musste), aber das andere Versprechen, noch einmal die Überlebenden von Buna-Monowitz nach Frankfurt einzuladen nicht mehr erwähnt. Gerade ein solches Treffen der Überlebenden in Frankfurt, das u. a. für Zeitzeugengespräche mit SchülerInnen und Studierenden dienen könnte, bleibt eine uneingelöste Forderung, für die sich die ›Initiative Studierender im IG Farben Gebäude‹ weiter einsetzen wird.

Schon bisher ging die Initiative, sich mit der Geschichte des IG Farben Gebäudes auseinanderzusetzen, nur von Studierenden aus – meist gegen den Widerstand der Universitätsleitung. Die Einrichtung der von der Universitätsleitung nun so gefeierten Dauerausstellung im IG Farben Gebäude geht auf einen studentischen Konventsantrag vom Januar 1999 zurück, ebenso wie die Festlegung auf den Namen »IG Farben Gebäude« – wobei letzteren Beschluss zu unterlaufen sich auch die neue Unileitung und ihr Presseorgan UniReport alle Mühe gibt: Das »Poelzig-Ensemble« auf dem »Campus Westend«.

Es kann nicht darum gehen, Geschichte als einmal Festgeschriebene zu erfahren, sie durch Fensterchen, als Plexiglastafeln einer Ausstellung materialisiert, zu betrachten. Nur immer erneute Begegnung mit der Geschichte kann der von Koch u. a. vollzogenen Verdrängung der Geschichte entgegenstehen. »Der Widerstand kann nur vorangebracht werden, indem man sich eine historische Quelle nicht als ein Fenster, durch das die Vergangenheit, so ›wie sie wirklich war‹, gesehen werden kann, sondern vielmehr als eine Mauer vorstellt, die durchbrochen werden muss, wenn dem ›Schrecken der Geschichte‹ direkt begegnet und die Angst, die sie einflößt, zerstreut werden soll.«2 Nur durch Auseinandersetzung und nicht Verdrängung, kann dem Schrecken vor dem, was geschah und damit geschehen kann, begegnet werden.

Wir werden in den kommenden Monaten Veranstaltungen zu der Geschichte der IG Farben organisieren. Doch ebenso werden wir uns damit auseinandersetzen, dass es IG Farben immer noch gibt, seit mehr als 50 Jahren in Abwicklung. Dieser Überrest des einstigen Konzerns – nachdem BASF, Bayer und Höchst ausgegliedert worden waren –, macht immer noch Versuche ehemaliges Firmenvermögen zurückzuerhalten und sorgt sich um das finanzielle Wohlergehen der IG Aktionäre. Das ›bundesweite Bündnis gegen IG Farben‹ arbeitet schon seit Jahren für die wirkliche Auflösung der IG Farben, ein Protest, dem wir uns anschließen. So sprach auf der alternativen Eröffnungsveranstaltung am 26.10. 2001 Peter Gingold als Vertreter des ›Bündnisses gegen IG Farben‹. Wir fordern die sofortige Auflösung von IG Farben in Abwicklung und eine Verwendung des verbliebenen Geldes zur Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter und zum Erhalt der Gedenkstätte Auschwitz.

Zum Abschluss sei Micha Brumliks Vorschlag der Benennung des Uni-Vorplatzes nach dem Mann, der Anfang der 50er Jahre als Überlebender von Buna-Monowitz einen Prozess gegen verantwortliche IG Manager anstrengte, unterstützt: »Wir hätten es dann künftig mit dem geisteswissenschaftlichen Campus der Johann Wolfgang Goethe Universität im IG Farben Gebäude, Norbert-Wollheim-Platz 1 zu tun.«

 

Initiative Studierender 

im IG Farben Gebäude

 

 

_1..      Alle Zitate aus Reden zu den universitären Eröffnungsfeierlichkeiten am 26.10. 01 entstammen der von der Pressestelle der Universität herausgegebenen Pressemappe.

_2..      Hayden White: Die Politik der historischen Interpretation: Disziplin und Entsublimierung, in: ders.: Die Bedeutung der Form, FfM 1990, S. 78 – 107, hier S. 106.

 

 

 

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Neue Mitten und ex-zentrische Orte. Praktische Kritik der unternehmerischen Stadt

 

 

Prognostizierte Michel de Certeau Anfang der 80er Jahre den Niedergang der Konzept-Stadt und das Überleben urbaner Klammheimlichkeiten des alltäglichen Handelns, so verweisen konsum- und kontrollorientierte Megaprojekte und Festivalisierungstendenzen auf eine konträre Entwicklung: Nur städteplanerische und architektonische Größe, so das Bigness-Postulat des niederländischen Architekten Rem Koolhaas, werde dem herrschenden »Regime der Komplexität« gerecht. Der von dem Künstler und Kurator Jochen Becker herausgegebenen Sammelband bignes? Kritik der unternehmerischen Stadt spürt den Macht- und Herrschaftseffekten nach, die die-

se Projekte hervorbringen. Zugleich sammelt der Band Anzeichen der immanenten Krisenhaftigkeit großmaßstäblicher Projekte und oft we-nig bekannte Beispiele linken städtischen Handelns. Gerade diese letzte historisierende und archivarische Perspektive des Samplers verbindet die kritischen Praktiken zu einer widerspenstigen Spur durch die postfordistische Stadt.

bignes? ist damit im besten aller möglichen Sinne ein Reader, der das Format des Readers gleichzeitig übersteigt: Der Band ist die Dokumentation und Weiterführung einer  Film- und Vortragsreihe, die die Filmkuratorin Madeleine Bernstorff und Jochen Becker für das Sonderprogramm der Oberhausener Kurzfilmtagen 1999 erstellten – in jener ehemaligen Industriestadt also, die pa-

radigmatisch auf einer Stahlwerkbrache einen gigantischen Konsum- und Erlebniskomplex mit dem Namen »Neue Mitte Oberhausens« eröffnet hat.

In der Einleitung betont Becker das höchst ambivalente Verhältnis zwischen unternehmerisch dynamisierten Großprojekten und Politik, das mit dem Begriff der Privatisierung nur verkürzt zu (be)greifen ist: Proklamieren erstere zwar stets die Vorteile einer ungebremsten Marktdynamik für die Stadtplanung, so laufen Finanzierung und Auftragsvergabe oft über die öffentliche Hand. Auch für die Krisen der Großprojekte tragen in den meisten Fällen die Kommunen das finanzielle Risiko. Ein Beispiel für ein solches Misslingen zeigen die Ausschnitte des Videofilms »A country’s new dawn« von Sandra Schäfer anhand der Versteigerung des Interieurs des Millennium Dome nur ein Jahr nach seiner Eröffnung. Der Beitrag »Zeit abgelaufen« von futur_perfect treibt die Möglichkeit des Scheiterns auf die produktiv-fiktive Spitze, indem die Besetzung und Nutzung des gerade im Bau befindlichen Space Park Bremen nach dessen ökonomischem Niedergang im Jahr 2010 phantasiert wird. Zugleich verdeutlicht der Text die zentrale Funktion derartige Megaprojekte für die Imageproduktion der im Standortwettbewerb stehenden Städte, die kaum vom »Gelingen« des Projekts abhängig ist.

In dem analytisch angelegten Aufsatz »Konsumfestungen und Raumpatrouillen« zeigt der Stadtforscher Klaus Ronnenberger, wie sich ökonomische Umstrukturierung und revanchistische Vorstellungen der Mittelklassen verbinden. Dem zufolge entsteht ein »neuer Kontrolltypus«, der sich in diversifizierten städtischen Räumen unterschiedlich niederschlägt. Detailreich sammeln die beiden Notizen des Filmemachers Harun Farocki »Amerikanische Einstellungen« und »Kontrollblicke« Schnipsel über ökonomisch-funktionalistische Anordnung und elektronische Evaluierung des Mall-Interieurs und den neuen Kontrolltyp der elektronischen Überwachung im privatisierten Gefängnis. Die Parallelsetzung der beiden Notizen im Buch verdeutlicht die Nichtrepräsentierbarkeit des neuen Gefängnistypus, wie auch die Relevanz von Betreibern und deren Spezialisten in der Produktion homologer Raummilieus im Gefängnis und der »Kathedrale Mall«.

Die Diskussion um Macht und Raum zieht sich durch das ganze Buch. Die Verteilung und Lokalisierung von Macht im Raum und die Bedeutung der Kontrolle des Raums stehen ebenso im Mittelpunkt wie die Überschneidungen mit Wissen und Diskursen, die für die Produktion von Imagestrategien und Machttechnologien zentral sind. So weist auch der Beitrag von Ludger Basten über die Verlagerung von Entscheidungszentren in der Oberhausener Stadtverwaltung in diese Richtung, der zeigt, dass der Umbau zum »Amt ohne Ämter« das unternehmerische Expertentum fördert und die kommunalen Gremien entpolitisiert. Oder Mogniss H. Abdallah’s Analyse der »Banlieue Show«, die die Medialisierung einer nicht mehr auf das Soziale ausgerichteten Stadtpolitik am Beispiel des Abrissspektakels von Wohnblocks in den Pariser Banlieues nachzeichnet.

bignes? ist aber nicht nur ei-

ne Sammlung äußerst lesens- und  betrachtenswerter Visualisierungen und Analysen unternehmerischer Stadtgroßprojekte und Imageproduktionen, sondern zugleich ein eminent wichtiges Archiv städtischer, kritischer, künstlerischer Praxis. So lassen sich Beiträge zu einzelnen Projekten der 90er Jahre wie InnenStadtAktion, A-Clip, die »Mission« in Hamburg, Reclaim the Streets, das Berliner Architektur-Kollektiv »freies fach« oder City Crime Control aus Bremen finden. Die Collage aus Videoschnipseln, Quartierserzählungen und Interviewauszügen von Margit Czenki und Christoph Schäfer über die Hamburger Initiative »park fiction« bezieht sich zum Beispiel auf ein Projekt, das gegen die dortige Imageproduktion Elbrandbebauung eine »kollektive Wunschproduktion« im Sinne eines von BewohnerInnen geplanten Parks durchzusetzen versuchte. Der Sampler enthält auch Beiträge, die in sich bereits wertvolle Archive darstellen: So etwa die in-

formative und materialreiche Geschichte der Videoöffentlichkeit von Carsten Does; oder Axel John Wieders Darstellung der Videoinitiative AK Kraak, die bereits auf zehn Jahre Gegenöffentlichkeit zurückblicken und -greifen kann.

Eine wichtige Erweiterung der Perspektive (und zugleich ein erneutes Archiv) bietet der Artikel von

Madeleine Bernstorff, der einen Überblick über die von ihr für Oberhausen konzipierte Kurzfilmreihe bietet. Informelle Ökonomien, migrantische Erfahrung, virtuelle und gated communities und Rem Koolhaas in der de Certauschen Turmperspektive tauchen hier auf, womit etwas aufscheint, was im Buch ansonsten nur sporadisch Platz hat: Städtisches Handeln nicht nur in Aktionsform, sondern aus der Perspektive des

Alltags. Diese Perspektive schillert immer zwischen der Hoffnung, dass alltägliches Handeln das Diskrete, Verborgene, Heterogene darstellt, und der Befürchtung, es finde eher die Regulierung des Lebens als Alltäglichkeit statt. Dennoch erhält städtisches Handeln erst dann eine breitere Relevanz, wenn eine Art »Veralltäglichung« stattfindet, wenn die Auseinandersetzungen um neue Arbeitsbedingungen und neue Formen der alltäglichen Subjektivierung hinzukommen. Unter »Los« hat uns Jochen Becker im Vorwort mehr dazu versprochen. Darauf freue ich mich jetzt schon.

 

Ellen Bareis

 

 

Jochen Becker (Hg.): Bignes? Size does matter. Image / Politik. Städtisches Handeln. Kritik der unternehmerischen Stadt. b_books, Berlin 2001

 

[Diese Rezension erschien in einer ähnlicher Fassung bereits in dérive – Zeitschrift für Stadtforschung, Sept. 2001]

 

 

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Über das Dilemma, Kritik mit Werbetextern zu formulieren

 

 

 

Der überfällige Relaunch am schauspiel-frankfurt brachte neben kulturpolitischem Chaos eine ästhetische Gradwanderung, die bezeichnend ist.

 

Der Alte musste weg, so viel war sicher. Er war solide, aber nicht mehr zeitgemäß für Euro-City. Aber wer sollte folgen? Der weiche Standortfaktor Kultur verlangte nach großen Namen – nur die zählen heute. Und so brachte man Dieter Dorn ins Spiel, den »Elder Statesman« der deutschen Bühnen, egal ob dies nur einer halbherzigen Reform gleichkäme. Doch er gab Frankfurt einen Korb. Sein Schüler Jens-Daniel Herzog war als nächster an der Reihe, steht dieser doch für ein ausgewogenes Stadttheater mit Klassikern und Werkstattbühne. Doch auch er musste kurz vor Vertragsabschluss eine Absage erteilen. Die nächste auf der Strichliste sollte es also werden. Auffällig ist

nur, dass Elisabeth Schweeger so ganz andere Vorstellungen von The-ater hatte als die bisher genannten. Aber einen Namen hatte sie sich gemacht. Durch was sie sich ihn verdiente, war wohl für die Stadt weniger wichtig. Und so entschieden sich die von Altbackigkeit Verwöhnten beinahe zufällig für ein Programm, das für Dekonstruktion, Experimente und Widerstand steht.

Es gab viel anzupacken. Die zehn Jahre der Intendanz Eschberg mit all den Stücken, für die man schon den Deutschlehrer hassen lernte, hatten dafür gesorgt, dass ein bequemes Abo-Publikum den Spielplan bestimmte und das experimentierfreudige und jüngere Publikum nischenkuschelnd ins TAT oder den Mousonturm abtauchte. Die neue Intendantin des schaupielfrankfurt musste noch mit weiteren Natur-

katastrophen fertig werden: Unklarheiten über den Zeitraum und die Kosten des Bühnenumbaus, ein millionenschwerer Wasserschaden und der bis heute anhaltende Machtpoker um die künftige Bühnen-GmbH lenken vom eigentlichen Thema ab: Was passiert zur Zeit innerhalb der Alu- und Glasfassaden am Willy-Brandt-Platz? Für welches Theater steht Elisabeth Schweeger?

Das Schauspielhaus ist das in Architektur geronnene emphatische Motto »Theater für alle« eines Hil-

mar Hoffmann. Seine Trennung von großer Bühne für moderne Klassiker und kleiner Bühne für minoritäre Äs-thetiken und zeitgenössische KünstlerInnen wurde in der fortschrittsoptimistischen Folgezeit erweitert durch die exterritoriale Integration einer inzwischen gesättigten Avantgarde-Sparte. Doch das fortschrittsoptimistische Aufklärungsideal eines mittelständisch liberalen Bildungsbürgers, dem intellektuellen Träger des Fordismus, verflüchtigt sich.

Geblieben sind eine scheinbare Alternativlosigkeit zum maroden Stadttheatersystem und ein paar dekons-

truktivistischen Attacken von Cas-torf / Hegemann und ihren Imitaten.  Auch Schweeger sieht »keine verbindliche, allgemeingültige Theatersprache mehr«, weshalb sie die gesamte Spielzeit subjektkritisch unter das Thema »Krise des Ichs« stellte. Das Beispiel Frankfurt zeigt, welche schwierige Gratwanderung eine experimentelle und kritische Konzeption innerhalb des Systems öffentlich subventionierter Bühnen zu bewältigen hat. Sie muss den Spagat zwischen Sicherheit und Wagnis, Klassik und Experiment machen.

Am neuen schauspielfrankfurt dominieren erstens zeitgenössische und ExperimentalkünstlerInnen, die bereits etabliert sind, den Spielplan. Schweeger setzt damit ihre Arbeit am Münchener Marstall fort, wo sie bereits mit Stars wie Filmemacher Peter Greeneway (»Gold«), Pop-Poeten Albert Ostermaier (»Katakomben«), Tanzavantgardistin Wanda Golonka (Müller-Bearbeitung) und Ex-Neubauten-Mitglied FM Einheit (»Marx-Engels-Werke«) zusammenarbeitete. DramatikerInnen wie Jon Fosse, Helmut Krausser oder Dea Loher zählen sich zwar nicht zu den Avantgardegrößen, gehören aber zu den meist gespieltesten StückeschreiberInnen. Und wer Christoph Schlingensief ans Haus holt, der hat – siehe Zürich und den SVP /  Neonazi-Hamlet für SozialarbeiterInnen – seinen medienwirksamen Politskandal schon sicher gebucht. Mit der bisher einzig erfolgreichen Premiere, der Uraufführung von Daniel F. Galouyes Sixties-Science-Fiction-Roman »Simulacron-3«, wagten sich Schweeger und Regisseur Armin Petras sogar ins umstrittene Trashmilieu heran. Und die Statistik? Neun Uraufführungen und eine deutschsprachige Erstaufführung hat es in den zehn

Eschberg-Jahren sicherlich nie gegeben.

Das zweite, schlankere Standbein am Schauspiel sind Klassiker-In-

terpretationen, schließlich wurde Schweeger von vielen Seiten vor der Saturiertheit des Frankfurter Publikums gewarnt. Die Berufung des jungen Regisseurs Anselm Weber zum Oberspielleiter ist ein daraus resultierendes Zugeständnis, da die Intendantin sich aus klassischen Repertoire ohnehin nicht viel zu machen scheint. Was in der Theorie ein geschickter Schachzug war, quittierte die Kritik in der Praxis mit radikalen Verrissen seiner »Penthesilea«. Dass glücklicherweise der Schwerpunkt sowieso auf ersterem Standbein steht, beweist die simple Umkehrung der Aufführungsorte. Während bei den Eröffnungspremieren Greeneway und seine Frau Saskia Boddeke im Großen Haus mit viel goldenem Prunk und Protz langweilten, wurde einer der großen deutschtümelnden Deutschen, Hugo von Hofmannsthal, ins kleine Ex-Kammerspiel verbannt.

Das neue Profil gleicht einer kleinen Revolution. Doch bei all den spannenden Namen und Projekten fällt auf, dass so gut wie keine Neulinge oder gar eine Förderung junger oder unbekannter Kunst vorgesehen ist. Viele große Theater leisten sich Werkstatt-Bühnen oder sehen sich nach unkonventionellem Nachwuchs um. So hat ihr Hamburger Kollege Tom Stromberg sein Ensemble reduziert, um kurzzeitige Crossover-Kooperationen mit der freien Szene zu wagen. Schweeger fällt hinter ihren eigenen Anspruch zurück, wenn sie mehr auf arrivierte Avantgarde als auf neue Praktiken setzt.

Nicht nur durch den Spielplanspagat fällt das notwendige Festhalten an der gehobenen Preisklasse auf. Stadttheater war immer vom traditionell eher konservativen Abo-Publikum abhängig. So wurde das ohnehin exklusive Abo-System noch weiter hierarchisiert. Und in avantgarde-pädagogischer Absicht lud die neue Hausherrin zu einem literarischen Bankett. »Mit vollem Munde« sollte man zu folgenden Zutaten schlemmen: Man nehme einen Starkoch, mehrere Tonnen Zwiebeln und ein Kamel als Deko sowie eine Gewürzorgel mit Texten aus der Gourmet-Abteilung der deutschsprachigen DramatikerInnengilde: Klavier-

spielerin Jelinek, Stück-des-Jahres-Autor Rinke, Büchner-Preisträger Grünbein und viele mehr. Nicht zu vergessen die vortragenden SchauspielerInnen, die sich bei einer 195,– DM Eintrittsschwelle wohl eher wie Geigenspieler in Heteropärchenpizzerien an der Südsee vorkommen mussten – irgendwie fehl am Platz.

Mit 15,– DM für einen Salonnachmittag ebenfalls üppig angesetzt sind die »Frankfurter Dialoge« von und mit Jean-Luc Nancy, nach Derrida der wohl wichtigste zeitgenössische Philosoph in Frankreich. Literaturtheorie / Politik / Ästhetik sind mit seine Schwerpunkte, und so schien er Schweeger geeignet, um die Arbeit des neuen Schauspiels in einer Diskussionsreihe theoretisch zu reflektieren. Um das Verhältnis von Ökonomie und Kunst ging es bei der Auftaktveranstaltung »Produktion /

Kreation« mit dem marxistischen Theoretiker Antonio Negri (»Empire«), der aufgrund seiner Haft Italien nicht verlassen darf und per Videoschaltung teilnahm, und der neurechte Islamwissenschaftler Bassam Tibi, der seinerzeit die argumentative Munition für die Leitkulturdebatte der CDU / CSU lieferte und während der Diskussion nicht müde wurde, den geläuterten Materialisten zu mimen (»Ich habe hier bei Habermas und Adorno studiert. Aber heute ...«). Bei einer derart breit gefächerten Gästeliste kommt zumindest die Frage auf, ob der programmatische Spagat auch bei den Dialogen vorzufinden ist.

Das Dilemma des schauspielfrankfurt visualisiert sich auch im Programmheft der Spielzeit: Auf der Titelseite lächelt die Intendantin mit einer Subjekt- und Identitätskritik im Werbetexterformat. Gute Ansätze verschwimmen im theatertypischen Aperitifsoziologischen. Sowohl der Spielplan als auch das Abo-System offenbaren die Problematik. Gerade in Frankfurt – einerseits europäisches Finanzzentrum und andererseits Summe aus eingemeindeten Käffern samt ihrer provinziellen Mentalität – ist die Konzeption eines experimentell offenen Stadttheaters, das von Kapital und Kleinbürgertum abhängig ist, eine besonders schwierige Gradwanderung.

Während man die Machtallüren, halbherzige Spielpläne und den Strukturkonservatismus des Subventionstheaters kritisieren muss, verlangt es andererseits einer vor allem ästhetischen Verteidigung gegenüber den reaktionären KritikerInnen, deren organisierte »schöngeistige« Schläfrigkeit im Patronatsverein der Bühnen einen sicheren Hort findet: Das Schauspiel solle nicht zum Experimentierfeld degradiert werden. Geschickt vermag es das kulturfreudige Kapital, seine ästhetisch-programmatische Kritik – die an sich folgenlos bliebe – an eine demokratisch anmutende Kritik der Verschwendung öffentlicher Gelder – diese ist leicht skandalisierbar – zu koppeln. Anders gesagt: Wer mit dem modernistischen Schmuh nichts anfangen kann, beschwert sich über teure Zeitungen, die Abschaffung des Premieren-Abos und streut seine Attacke zu einem Zeitpunkt, wo der öffentliche Unmut über teure Flops und ungeklärte Haushaltslöcher explodiert. Aber: Warum soll sich »die Öffentlichkeit« nicht mit der Dekonstruktion des Wahren, Schönen, Guten auseinandersetzen? Wer glaubt denn noch an seine aufgeklärte Deutschlehrerin? Thomas Mann ist ja auch schon länger tot.

Der Intendantin konnte man beim Theorie-Salon etwas entnehmen, was man sich von einer (Neu-) Frankfurter Intellektuellen erhoffen möch-te: Kunst im globalen Kapitalismus müsse sich als Widerstand verstehen. So sei zuletzt an die Worte des alten Kritikers und Schauspielschulleiters Peter Iden erinnert: Frankfurt findet nach zehn Jahren wieder statt im Theater-Diskurs. Man kann nur hoffen, das sich diejenigen in dieser Stadt nicht schon wieder durchsetzen, die bereits vor vier Jahren Tom Stromberg aus dem TAT vertrieben. Dieser steht übrigens in Hamburg mit einem ähnlichen Programm ähnlich klar unter Beschuss. Aber das ist eine andere Geschichte ...

 

Christian Tedjasukmana

 

 

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Partigiani - gegen Faschismus und deutsche Besatzung.

 

 

Der Widerstand in Italien 1943 – 1945

 

Auf dem Gelände des IG-Farben-Hauses, neuer Sitz geisteswissenschaftlicher Fakultäten der Goethe-Universität in Frankfurt / M., zeigte das Institut für Romanische Sprachen und Literaturen die Foto-Ausstellung »Partigiani – gegen Faschismus und deutsche Besatzung. Der Widerstand in Italien 1943 – 1945«. Begleitet wurde die Ausstellung von einem umfangreichen Programm. Auf die Eröffnung, ein Konzert mit Partisanenliedern, folgten verschiedene Veranstaltungen wie Zeitzeugengespräche, Vortragsveranstaltungen, auch eine Filmmatinee, ein zusammen mit dem Fritz Bauer Institut veranstalteter Studientag und eine Führung über den italienischen Kriegsopferfriedhof in Frankfurt-Westhausen.

Die Ausstellung wurde von den Instituten der Resistenza von Modena, Parma und Reggio Emilia (ISTORECO) erstellt und schon in verschiedenen Städten gezeigt. In Bild und Text (in deutscher und italienischer Sprache) informiert sie ausführlich über den Faschismus in Italien, die deutsche Besatzung, über verschiedene Aspekte, die für die Geschichte der Resistenza von Bedeutung sind, wie ihre Widerstands- und Organisationsformen, die Befreiung und den Stellenwert der Erinnerung an die Resistenza in der Zeit danach.

In Frankfurt hatte sich für Ausstellung und Veranstaltungen ein Trägerkreis aus zahlreichen inner- und außeruniversitären, deutschen und italienischen Institutionen gebildet. Verschiedene Veranstaltungen wurden in Kooperation u. a. mit dem DGB Kreis Frankfurt und dem Ver-

ein »Arbeit und Leben« DGB / VHS durchgeführt. Den Auftakt der Veranstaltungsreihe bildeten zwei Zeitzeugengspräche, mit Peter Gingold, der 1945 unter dem Namen Luigi Righi in einer Partisaneneinheit im Piemont kämpfte und am Aufstand in Turin teilnahm, und mit Aldo Zargani, Autor des Buches »Für Violine solo«, in dem er beschreibt, wie er als jüdisches Kind in Italien Hilfe und Schutz vor Verfolgung erfuhr.

Der Rundgang über den italienischen Kriegsopferfriedhof in Frankfurt-Westhausen, veranstaltet mit dem Frankfurter Studienkreis deutscher Widerstand hatte die Ereignisse nach dem Kriegsaustritt Italiens zum Thema. Die Lage der italienischen Militärinternierten in Deutschland, die von Zwangsarbeit und rassistischer Diskriminierung geprägt war, bleibt bis heute auf den aufgestellten Hinweistafelntafeln unerwähnt. Von im Zweiten Weltkrieg Gefallenen ist hier die Rede – so bezeugt der italienische Kriegsopferfriedhof in Frankfurt / M. auch, wie in den fünziger Jahren versucht wurde, die Spuren der begangenen Verbrechen zu verwischen.

Mit den Veranstaltungen und einem anlässlich der Ausstellung in Frankfurt / M. erstellten Informationsheft mit dem Titel »Vergessene Käm-pfe« wollten die Organisatorinnen darüber hinaus zwei inhaltliche Schwerpunkte setzen: die Rolle, die Frauen in der Resistenza spielten, und die Beteiligung von italienischen Jüdinnen und Juden an den Kämpfen der Resistenza.

Zwei Veranstaltungen, die Vorführung des Dokumentarfilms »La donna nella Resistenza« von Liliana Cavani, eingeleitet von der Filmwissenschaftlerin Marisa Buovolo, und der Vortrag von Liana Novelli Glaab widmeten sich dem Thema der Frauen in der Resistenza. Liana Novelli Glaab vertritt die These, dass ohne die aktive Teilnahme der Frauen der Widerstand in Italien nicht möglich gewesen wäre. Sie spricht in diesem Zusammenhang von einem »zivilen Widerstand«, der diejenigen mit einschließt, die nicht direkt am bewaffneten Kampf beteiligt waren. Auf diese Weise wird auch die bislang offiziell genannte Zahl der Partisanen in Frage gestellt: Die Zahl der Frauen in der Resistenza beträgt ein Vielfaches der am bewaffneten Kampf Beteiligten.

Zum Abschluss der Veranstaltungsreihe fand in Zusammenarbeit mit dem Fritz Bauer Institut ein Studientag zum Thema der jüdischen Beteiligung an der Resistenza statt. Viviana Ravaioli vom University College of London machte deutlich, dass sich in Italien nicht, wie in Frankreich oder in Osteuropa, Brigaden gebildet hatten, die nur aus Jüdinnen und Juden bestanden. In diesem Zusammenhang wurden Fragen des Antisemitismus und der jüdischen Identität in Italien angesprochen und diskutiert. Leider verfingen sich die Wortbeiträge der TeilnehmerInnen des Studientags immer wieder in nationalen Stereotypen, wenn die Rede von »den Italienern« und »den Deutschen« war. Die beiden anderen ReferentInnen des Studientages trugen indes dazu bei, dass weitere wichtige Aspekte aufgezeigt und zur Diskussion gestellt wurden: Alberto Cavaglion aus Turin sprach über die Tagebücher von Emanuele Artom, der Mitglied der Brigaden »Giustizia e Libertà« war, und Gudrun Jäger aus Frankfurt / M. über Liana Millu, Autorin von »Der Rauch über Birkenau« und »Die Brücke von Schwerin«, die vor ihrer Deportation nach Auschwitz-Birkenau am Partisanenkampf beteiligt war.

Es wurde deutlich, dass es sich bei Ausstellung und Veranstaltungsreihe nur um einen ersten Schritt handeln konnte. In (bereits erwogenen) zu-künftigen Veranstaltungen wären nicht nur die aufgeworfenen Frage-stellungen zu vertiefen. Eine stärkere Wendung hin zum Politischen kön-nte das Resistenza-Projekt erfahren, wenn es die Situation im heutigen Italien stärker beleuchten würde.

 

Regina Schleicher

 

 

Das Heft »Vergessene Kämpfe« ist für 5 Euro (gegen Rechnung) noch erhältlich bei:

           Institut für Romanische Sprachen und Literaturen · Partigiani-Projekt · Grüneburgplatz 1 · 60629 Frankfurt / Main · Fax 069 / 798 - 321 89 · r.schleicher@em.uni-frankfurt.de

 

Weitere Informationen und Texte:

           www.partigiani.de

 

 

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Dem Vorsitzenden des Roma National Congress droht Gefängnis

 

 

Haftantritt in Neuengamme

 

Rudko Kawczynski bekam mit Poststempel 20. Oktober von der Staatsanwaltschaft Lörrach mitgeteilt, er habe am 19. November in der Hamburger Justizvollzugsanstalt Vierlande seine Haftstrafe anzutreten. Bereits 1992 war er vom Amtsge-richt Lörrach wegen »Nötigung im Straßenverkehr« zu 50 Tagen Haft verurteilt worden. Allerdings ist Kawczynski kein Raser und Drängler, sondern hat in seiner Funktion als Vorsitzender des Roma National Congress am 9. November 1990 an einem Protestmarsch gegen die Abschiebung von Roma nach Jugoslawien teilgenommen. Die Roma forderten vom UNHCR, sich gegen ihre drohende Abschiebung aus der BRD nach Jugoslawien einzusetzen. Dafür wollten sie vor dem Uno-Flüchtlingshochkommissariat in Genf demonstrieren.

Am Grenzübergang Basel wurde der Protestmarsch gestoppt und an der Ausreise aus der BRD ain die Schweiz gehindert. Sie blockierten daraufhin den Grenzübergang für sieben Tage. Rudko Kawczynski erklärte dazu: »Das war eine Spontandemo. Die Polizei hat dann den Autoverkehr umgeleitet, aber damit hatten wir nichts zu tun.« Marko D. Knudsen von Rom News erklärte dazu: »Dank dieser Aktion erhielten mehr als 2 000 Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien Aufenthaltsgenehmigungen in Deutschland. Die meisten von ihnen wären aller Wahrscheinlichkeit nach gestorben im Falle einer Abschiebung in diese Gegend zu diesem Zeitpunkt. Aufgrund dieser Demonstration ist Herr Kawczynski zu einer 50-tägigen Haft-strafe verurteilt worden.«

Der Prozeß ging bis vor das Bundesverfassungsgericht, wo er seit 1994 anhängig ist. Rudko Kawczynski dazu: »Das Amtsgericht Lörrach hat einmal im Jahr angefragt, ob denn nun eine Entscheidung des BVG vorliegt. Und jetzt kam plötzlich die Ladung zum Haftantritt, obwohl das BVG noch nicht entschieden hat.« Der Anklagevertreter will nun offensichtlich nicht mehr länger auf ein BVG-Urteil warten. »Das BVG hat zwar unsere Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes zur Entscheidung angenommen, aber das hat keine aufschiebende Wirkung. Es ist absurd, aber nach 6 Jahren hat es jetzt plötzlich die Staatsanwaltschaft Lörrach eilig, obwohl das BVG dieses Jahr angefangen hat, den Vorgang zu bearbeiten«, fasste Kawczynskis Anwalt Christian Schneider die Rechtslage zu-

sammen. Kawczynski erklärt sich die plötzliche Eile politisch: »60 Roma-Organisationen haben auf der Anti-Rassismus-Konferenz in Durban ge-gen die Abschiebepolitik der Bun-

desrepublik Deutschland protestiert und Aufsehen erregt. Kurz danach kam jetzt die Ladung zum Haftantritt in Neuengamme.«

Genau ein Jahr vor der Spontandemo am Grenzübergang hat Rudko Kawczynski am 9. November 1989 unmittelbar neben der Justizvollzugsanstalt Vierlande eine bewegende Rede gehalten. Um ein Bleiberecht für Roma aus Jugoslawien in Hamburg durchzusetzen, hatten Roma die KZ-Gedenkstätte Neuengamme symbolisch besetzt. In Neuengamme, zunächst Außenlager von Sachsenhausen, ab 1940 eigenständig und Hauptlager für Norddeutschland, waren während des Nationalsozialismus etwa 500 Roma und Sinti im KZ inhaftiert. Die Roma und Cinti Union Hamburg protestierte auf dem Gelände des früheren Konzentrationslagers, um ihrer Forderung nach Bleiberecht Nachdruck zu verleihen: Vor dem Hintergrund der systematischen Verfolgung und Vernichtung von Roma und Sinti durch die Nazis könne der deutsche Staat 1989 auf keinen Fall Roma in ein Land im damals beginnenden Bürgerkrieg abschieben. Die Besetzung wurde am nächsten Tag abgebrochen, sie stieß in der Öffentlichkeit auf keine Resonanz. Die Men-

schen saßen vor dem Fernseher und verfolgten die Bilder von der Maueröffnung.

Während aus DDR und BRD Deutschland wurde, setzten sich Roma und einige UnterstützerInnen gegen drohende Abschiebungen zur Wehr. Ein Film von Monika Hielscher und Mathias Heeder dokumentiert diese Aktivitäten. Auch die Grenzblockade bei Basel. Die Filmemacher: »Der Film Gelem Gelem – wir gehen einen weiten Weg beschreibt den Versuch einer Gruppe heimatloser Roma in der Bundesrepublik, den Teufelskreis von sozialer Verelendung, Kriminalisierung, Abschiebung, illegaler Wiedereinreise, erneuter Vertreibung etc. zu durch-

brechen.« Oft tauchen deutsche

Polizisten in dem Film auf: Bei der Räumung des holländischen Konsulates in Hamburg oder bei der Kontrolle der Grenze. Monika Hielscher und Mathias Heeder: »Die Aufnahmen zu diesem Film entstanden zwischen Herbst 1989 und Frühjahr 1991. Die meisten Menschen, die wir während dieser Zeit begleiteten, wurden inzwischen von den deutschen Behörden abgeschoben. Ih-

re Spuren verlieren sich in den Elendsghettos von Südosteuropa.« Viele Roma wurden ab 1991 nach Skopje abgeschoben. Jahre später erzählte Mathias Heeder am Rande einer Filmvorführung, dass sich die elenden Lebensbedingungen für Ro-ma dort trotz zugesagter Hilfsgelder aus Deutschland, mit denen die Abschiebungen ›humanitär‹ begleitet werden sollten, nicht gebessert hätten. Mittlerweile sind viele Roma in ganz Mazedonien, dessen Hauptstadt Skopje ist, im Bürgerkrieg zwischen die nationalen Fronten geraten. Wie bereits zuvor im Kosovo, in dem nach mittlerweile drei Jahren Gewaltmonopol der national-albanischen UÇK im NATO-Protektorat Ro-

ma ebenso wie Juden und Serben nur noch in einigen wenigen Enklaven leben können. Trotzdem versuchen deutsche Behörden immer wieder, Roma aus dem Kosovo ab-

zuschieben, wogegen der RNC im Sommer 2000 eine Kampagne organisierte.

Der Roma National Congress RNC hat in Hamburg-St. Pauli seit vielen Jahren ein Büro. Rudko Kawczynski hat sich ungezählte Male für das Bleiberecht von Roma eingesetzt, denen nach geltendem deutschen Ausländerrecht Abschiebung droht. Die Hamburger Ausländerbehörde – dessen Chef vom neuen Hamburger Innensenator Ronald Schill gerade ausdrücklich für seine Arbeit gelobt wurde – hat Anfang November eine junge Roma- Frau in Abschiebehaft gesperrt, die nach Kroatien ausreisen muß. Sie wurde von ihren in Hamburg lebenden Eltern getrennt. Erst im Oktober hat vor der Ausländerbehörde eine Kundgebung von tausend Roma gegen drohende Abschiebungen nach Jugoslawien stattgefunden.

Jetzt protestieren Roma- Organisationen aus Solidarität mit Rudko Kawczynski. Wie der Autor Rajko Djuric im Namen des Romani PEN-Clubs: »Kawczynski ist also ›schuld‹, da er die Roma, deren Menschen- und Nationalrechte wie in der BR Deutschland so auch in Europa tagtäglich mit Füßen getreten werden, versucht hat zu schützen. Wir verstehen diesen Gerichtsbeschluß mehr als einen politischen als einen juristischen.«

Vom 19. – 21. November findet in Hamburg im Kulturzentrum beim Durchreiseplatz Braun eine vom Europarat und der OSCE mitgetragene Konferenz zur Lage von Roma und Sinti in Osteuropa statt. Kawczyns-

ki dazu: »Nach der Konferenzeröffnung, die ich für den RNC machen werde, kann ich mich dann in Neuengamme zur Haft melden.« Kawczynski weiter: »Es ist makaber, dass ich die Haft ausgerechnet in Neuengamme antreten muß«. Mar-ko D. Knudsen erklärt dazu: »Bis zum heutigen Tage werden hier Roma und Sinti an einem Ort inhaftiert, an dem ihre Eltern und Großeltern umgebracht wurden.« Die JVA Vierlande ist ein reguläres Gefängnis, in dem aber zum Teil noch frühere Häftlingsbaracken des Konzentrationslagers Neuengamme genutzt werden. Im Programm der seit 31. Oktober in Hamburg mitregierenden Schillpartei PRO heißt es unmißverständlich, dass die Verlegung des Gefängnisses Vierlande weg vom Gelände des früheren KZ Neuengamme gestoppt werden soll. In der Koalitionsvereinbarung des neuen rechten Hamburger Senates von CDU, Schill und FDP hieß es ursprünglich dementsprechend: »... unabhängig vom Neubau werden die Schließungspläne der Anstalt XII aufgegeben.«« Als sich gegen die Pläne, das Gefängnis auf dem früheren KZ-Gelände zu belassen, Protest regte, wurde eine neue Sprachregelung eingeführt: »Unabhängig vom Neubau werden Ge-

spräche mit jüdischen Organisa-

tionen, Opferverbänden und Insti-

tutionen mit dem Ziel aufgenommen, Einvernehmen darüber herzustellen, ob die Pläne für eine Schließung der Anstalt XII ... aufgegeben werden können.« Es soll ge-redet werden – zurückgenommen wurde die Aufrechterhaltung des

Gefängnisses auf dem KZ Neuengamme bisher nicht. Zwar hat sich am 8. November Hamburgs Interims-Kultursenator Rudolf Lange dafür eingesetzt, das Gefängnis auf dem Gelände zu schließen. Aber

bereits am nächsten Tag erklärte

der stellvertretende Senatssprecher, Klaus May: »Das Thema ist im Senat bisher nicht abgestimmt worden.« Eine endgültige Entscheidung werde erst nach einem Gespräch mit Überlebendenorganisationen am 21. November getroffen. Hamburgs neuer Innensenator Ronald Schill, Führer der gleichnamigen Schill-Partei, distanzierte sich ebenfalls am 9. November von Langes Aussagen: »Ich bin sehr überrascht, Das steht so nicht im Koalitionsvertrag.« Ebenso Frank-Michael Bauer, Abgeordneter der Schill-Partei: »Ich kann mir nur vorstellen: Das war ein Alleingang von Herrn Lange.« Eine Schließung des Gefängnisses für die Erweiterung der Gedenkstätte keineswegs Konsens: »Um der Nachwelt zu zeigen, wozu Menschen fähig sind, hat die Gedenkstätte schon jetzt ihre Bedeutung. Das ist keine Frage der Größe.« So werden wohl auch in Zukunft dort Verurteilte ihre Strafe absitzen müssen, wo bis zum April 1945 der KZ-Appellplatz war, auf dem die SS Gefangene erniedrigte, auspeitschte und erhängte.

Dass die KZ-Gedenkstätte ausgebaut wird, erscheint notwendig gerade auch angesichts der Kaltschnäuzigkeit, mit der bei der Aufforderung zum Haftantritt an Rudko Kawczynski die nationalsozialistischen Taten zur Vernichtung von Roma und Sinti ignoriert worden sind. Am 19. November wird Kawczynski an zwei Schildern vorbeikommen, die direkt un-

tereinander hängen und den Weg weisen – nach Rechts: Oben steht »KZ-Gedenkstätte Neuengamme«, darunter »Vollzugsanstalten Vierlande«.

 

Gaston Kirsche

(gruppe demontage)

 

 

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Alternative Öffentlichkeit?

 

 

Dem kapitalistischen Patriarchat wohnt eine Tendenz zur Langewei-

le inne. Ob daraus zwangsläufig folgt, dass die Kritik von Kapital und Patriarchat auch langweilig sein muss, ist eine der Streitfragen kritischer Medienarbeit. Verströmen vie-le Blätter den morbiden Charme des Immergleichen, sind noch alle Versuche interessant zu wirken, im zwanghaften Tabubruch (wie etwa bei der taz der 80er Jahre) und der Reintegration vormals alternativer Medienprodukte in die Gesellschaft des Spektakels geendet. Im Zuge der Interneteuphorie gewinnen in den letzten Jahren Vorstellungen einer herrschaftsfreien Kommunikation und einer hierarchiearmen Vernetzung (alle senden, alle empfangen) neue AnhängerInnen.

Gottfried Oy hat selbst als Redakteur der 1997 eingestellten Zeitschrift links des Sozialistischen Büros und seitdem als Mitarbeiter des Internetmagazins comunefarce (www.

copyriot.com/unefarce) Erfahrungen mit alternativer Medienarbeit gemacht. In seiner Dissertation setzt

er sich nun mit den Medientheorien und -praxen sozialer Bewegungen der letzten Jahrzehnte auseinander. In einer Tour de force führt er die

LeserInnen in die bekannteren theoretischen Grundlagentexte der linken und kritischen Medientheorie ein: Oy unterscheidet drei, selbstverständlich nicht scharf voneinander abgrenzbare Stränge der Auseinandersetzung: Die Manipulationsthese, die die Medienkonsumenten vor allem als Opfer von repressiver Manipulation ansieht. Hierzu zählt Oy etwa die Frankfurter Schule und die deutschen Versuche von Negt / Kluge und Enzensberger, aber auch femi-nistische Kritik an androzentrischen Konzepten von Öffentlichkeit.

Die These der Medien als Produzenten von Konsens wie sie etwa von AnhängerInnen der Cultural Studies (wie etwa Stuart Hall) vertreten wird, bildet den zweiten Approach, der schon aus einer Kritik am ersten Strang gebildet wurde. Den Cultural Studies geht es sehr stark darum, die Interpretationen und Deutungen, die die EmfängerInnen von Nachrichten diesen geben, zu untersuchen. Sie untersuchen z. B. gemeinhin »trivial« genannte Formen von Massenkultur wie etwa Fernsehserien oder Billigromane und erklären deren Erfolg aus der Thematisierung von Problemen, die die LeserInnen oder Zuschauer haben und thematisiert sehen wollen.

Den dritten Strang bilden die Netzwerktheorien, die aus einer gewissen technikdeterminierten Euphorie gegenüber den neuen Medien resultieren. Hier werde das klassische Bild der bürgerlichen Öffentlichkeit – jede und jeder darf reden (bzw. heute: senden) – wieder aufgewärmt, ohne zu thematisieren welche Ausschlussmechanismen dem Internet innewohnen.

Im zweiten, umfangreichen Kapitel referiert Oy die Publikationspraxis der Linken der letzten Jahrzehnte von der heimatlosen Linken der 50er Jah-re, über APO und klassische Alterna-tivbewegung bis hin zur zeitgenössischen Auseinandersetzung mit dem Internet. Hier finden sich die viele Beispiele, die einem / einer einfallen, wenn von Gegenöffentlichkeit die Re-de ist: Zeitschriften wie der Informa-tionsdienst (ID), die radikal oder die taz als linke Tageszeitung. Aber auch Video- und Radiogruppen werden vorgestellt und die Diskussion über linke Computernutzung und die ersten Mailboxsysteme referiert.

Der Band hat zwei Schwerpunkte, die auch getrennt voneinander gelesen werden könnten: Zum einen die Darstellung kritischer Medientheorie, zum anderen die Medienpraxis sozialer Bewegungen. Er ist also keine in sich kohärente Geschichte der alternativen Publizistik, sondern eher – für Dissertationen nicht ungewöhnlich – eine Literaturstudie. Beide Teile sind nicht eben leicht zu verstehen, und eine Bedienungsanleitung für zeitgenössische emanzipatorische Medienarbeit sind sie auch nicht.

Politische Schlussfolgerungen oder Handlungsvorschläge für mediale Praxis lassen sich aus dem Text schwerlich ziehen, können sich vielleicht bei einer Dissertation auch nicht ziehen lassen. Sicher ist, dass eine auf der Manipulationsthese beruhende Medienpraxis heute nicht mehr angebracht ist. Wie sich aber die auch von Oy in seinem Schlußsatz eingeforderten »anderen Erzählungen«, die Informationen erst kritisch werden lassen, etablieren lassen können, bleibt weiterhin unklar. Auch wenn mittlerweile allen klar ist, dass eine Zeitung keine Bewegung schaffen kann, ist Medienarbeit ohne einen gewissen Glauben an diese These, oder die Hoffnung darauf nicht möglich.

Auffallend ist: Linke Theorieproduktion scheint zunehmend in Form von Dissertationen oder durch DoktorandInnen stattzufinden, für viele andere, in der Vergangenheit gän-

gigere Formen von Theoriearbeit scheint der schrumpfende Sozialstaat die dafür notwendigen Ressourcen zunehmend abzuschneiden.

 

Bernd Hüttner

 

 

Gottfried Oy: Die Gemeinschaft der Lüge. Medien- und Öffentlichkeitskritik sozialer Bewegungen in der Bundesrepublik, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2001, 292 S., 24,40 EUR

 

 

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RZension

 

 

vor über einem jahr fand im bcn-café eine veranstaltung zum thema revolutionäre zellen / rote zora statt. anlass war die großangelegte durchsuchung des mehringhofs, die mit der verhaftung mehrerer, angeblich ehemaliger mitglieder der rz einherging. obwohl der raum sehr voll war, war kaum ein mensch von denen zu sehen, die bei linken veranstaltungen in bcn, koz, exzess oder auch club voltaire für gewöhnlich anwesend sind. das publikum war im schnitt nicht nur deutlich über mitte 30, auch kulturell schien es vergan-genen, anderen zeiten zuzugehö-

ren: enge leggings, hohe stiefel, hauptsächlich schwarze kleidung. dass ein ehemaliger autonomer vor den bullen ausgepackt, mehrere menschen belastet, die verhaftungen somit erst ermöglicht hatte, schien die anwesenden stärker geschockt und in angst versetzt zu haben, als das zeitungsmeldungen über verhaftungen und verrat für gewöhnlich tun: offensichtlich handelte es sich um einen ehemaligen genossen. obwohl sich die meisten wohl aus vergangenen (oder auch gegenwärtigen) kämpfen kannten und es ihnen nicht an redeerfahrung mangelte, war diese diskussionsveranstaltung von schweigen beherrscht.

mit dieser lähmung bricht das neue buch der autonomen lupusgruppe. es nimmt die gerichtsverhandlungen, den schlag der bundesanwaltschaft gegen mutmaßliche strukturen der rz zum anlass, eine

geschichte der rz / rz als teil des militanten widerstands in der brd zu schreiben. statt sich – wie in solidaritäts- / unterstützerinnen-kommitees geschehen – auf bloße anwaltstätigkeit zu beschränken, um die betroffenen nicht vielleicht noch weiter zu belasten, interveniert die lupusgruppe zugunsten einer politischen auseinandersetzung mit der kriminalisierung des militanten widerstands. gegen die versuche von rot-grün die geschichte der neuen linken umzuschreiben, um sie in die berliner republik zu integrieren, setzt sie einen linken blick auf die junge historie. das schweigen brechen muss dabei heißen, die geschichte offenzulegen, sie zu diskutieren, sich mit den fehlern und politischen irrwegen auseinanderzusetzen. vor allem mit dem

erschreckenden antisemitismus des internationalismus / antiimperialismusflügels der rz, der in der entebbe-flugzeugentführung, bei der die passagiere in jüdische und nichtjüdische passagiere selektiert wurden, seinen höhepunkt fand. sich der geschichte zu stellen bedeutet auch, die niederlagen zu   thematisieren, den nationalistischen, neo-liberalen roll-back der neunziger, mit dem auch die rz ihr ende fand: »was so lapidar und trocken mit ›deregu-

lierung‹ gemeint ist, ist lebensgeschichtlich betrachtet, eine fast gänzliche auslöschung der zwischen 1968 und 1980 erkämpften ›errungenschaften‹. [...] die durchkapitalisierung sozialer verhältnisse hat auch die bedingungen für militanten widerstand entscheidend verändert. gab es früher reichlich ›freiräume‹ und nischen, arbeitsverhältnisse, die aushaltbar waren, löhne, die nicht

zu einem 40-stunden-job nötigten, staatliche leistungen (wie arbeitslosengeld bis hin zur sozialhilfe), die

einigermaßen leicht zu bekommen waren, so ist das diktat, sich mit haut und haar zu verkaufen, zug um zug in den alltag widerständischen daseins integriert worden.« (s. 128)

dass ›das volk‹ (das deutsche zumal) keine revolutionäre kategorie ist, sich im zweifelsfall eher für die rassistische, sexistische option entscheidet als für eine emanzipatorische, dass linke / linksradikale politik seitdem zumeist defensive politik bedeutet, u. s. w.: das sind erkenntnisse, die von der radikalen linken teilweise schmerzhaft erarbeitet werden mussten. sie sollten allen linken, die seit 1990 politik machen, bekannt sein. weniger bekannt und unter der macht der erfahrungen der neunziger eher verloren gegangen ist das wissen, dass es auch ganz anders sein kann und teilweise auch war: das »denken in konzepten des antikolonialen und antiimperialistischen befreiungskampfes entwickelte sich in den 50er jahren. im laufe dieses jahrzehnts befreien sich mehrere trikontländer durch den bewaffneten kampf, wie cuba und algerien. in vielen anderen staaten toben später erbitterte kämpfe zwischen nationalen befreiungsbewegungen und der staatsmacht oder gar imperialistischen besatzern, wie etwa im südvietnam, im kongo, in angola sowie in vielen staaten mittel- und südamerikas.

ihren programmatischen höhepunkt hat diese stimmung mit der trikontinentalen konferenz 1966 in havanna, auf der bewegungen und regierungen aus 82 staaten den bewaffneten befreiungskampf als standardweg der emanzipation verkünden. das ist, formal betrachtet, eine satte uno-mehrheit. che guevara ruft die studenten in europa und den usa dazu auf, den ›kampf im herzen der bestie‹ aufzunehmen. in einem interview mit günter gaus im herbst 1967 führt rudi dutschke aus, dass ›es sicher ist, dass wir dann waffen benutzen werden, wenn bundesrepublikanische truppen in vietnam oder anderswo kämpfen – dass wir dann im eigenen land auch kämpfen werden‹. [...] auch in den europäischen kernländern, besonders in italien, entwickelt sich anfang der siebziger jahre eine breite kultur- und sozial-revolutionäre bewegung. wenige jahre nach der ›studentenbewegung‹ kommt es sogar in den großen industriebetrieben der brd wie ford und opel wieder zu ›wilden‹ streiks. erstmals seit den zwanziger jahren und den bitteren niederlagen durch die jahre des faschismus scheint sich ›die klasse‹ wieder zu bewegen. in italien werden zum teil offen die mechanismen einer kapitalistischen gesellschaft außer funktion gesetzt, sind in den arbeitervierteln nulltarif, miete verweigern und ›proletarischer einkauf‹ [einkaufen ohne zu bezahlen] alltägliche lebenspraxen.[...]

»ganz so absurd wie heute«, schlussfolgert christoph villinger, »war in den siebziger jahren der gedanke an ein übergreifen der trikontinentalen revolution auf europa keineswegs«. (s. 35 – 39)

in diese kämpfe versuchten die rz´s zu intervenieren. sie waren dabei immer darum bemüht, ihre aktionen zu vermitteln, sie in ein breites lin-

kes widerstandskonzept einzubetten und waren – im gegensatz zur raf – darin auch recht erfolgreich. erfolgreich waren die revolutionären zellen / rote zora noch in anderer hinsicht: kaum eine zelle konnte je vor gericht gestellt werden – was den so nachhaltigen ärger und ehrgeiz der bundesstaatsanwaltschaft begründet.

besondere beachtung sollte auch der tatsache gebühren, dass die rz in der roten zora über eine militante feministische gruppe verfügte. diese beachtung lässt das buch vermissen – die rote zora findet keine erwähnung. dabei ließe sich vielleicht gerade aus weiblicher militanz – sozusagen die antipode zur ›friedfertigen frau‹ – lernen, dass bewaffneter kampf, militanz generell, nicht notwendig zu machismo führen muss.

 

bj

 

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raumspiel / spielraum

 

 

anfang dieses wintersemesters ha-ben wir – studentinnen verschiedener fachbereiche [uni ffm] und aus diversen politischen zusammenhängen – uns zusammengefunden, um mit unterschiedlichen aktionen und flugblättern auf den zustand der universität und der studienbedingungen hinzuweisen.

einig sind wir uns darüber, dass wir die neoliberale umstrukturierung der hochschulen, wie sie in den letzten jahren in der brd in angriff genommen wurde und in frankfurt von der unileitung unter präsident steinberg massiv forciert wird, ablehnen.

dazu zählen wir alle maßnahmen, die den zugang zur hochschule weiter beschränken oder erschweren sollen (n.c.’s, aufnahmestops oder zugangsbeschränkungen durch prüfungen oder ähnliches) oder die

situation der bereits studierenden verschlechtern (studiengebühren, verschärfung von prüfungsordnungen etc.). auch wenden wir uns gegen einen immer repressiveren sicherheitsdiskurs, der sich an der frankfurter uni in form von videokameras, privaten sicherheitsdiensten, vertreibung von nicht studentisch aussehenden menschen und in jüngster zeit durch die rasterfahndung nach ausländischen studierenden zeigt.

der idee einer glatt polierten uni, die nur noch als zuliefererbetrieb für die wirtschaft fungieren soll, setzen wir die vorstellung einer selbstbestimmten bildungseinrichtung entgegen, die allen interessierten offen steht.

gleichzeitig gilt es, eine kritik an aktuellen entscheidungen zu üben, wie zum beispiel dem aufnahmestop am fachbereich gesellschaftswissenschaften und für alle lehrämter für das kommende sommersemester. hier handelt es sich um eine vorbereitung auf weitere zugangsbeschränkungen (ein nc ist bereits seit längerem im gespräch).

die probleme einer falschen bildungspolitik werden von professorinnen und unileitung an studentinnen weitergegeben, wie dies bereits durch ausschluss aus seminaren durch losverfahren oder ähnliches geschieht.

hierzu hat raumspiel bereits aktionen in seminaren und vorlesungen veranstaltet, um mit studentinnen und lehrenden über diese situation zu diskutieren. weitere aktionen im rahmen der eu-weiten streikwoche und diskussionsveranstaltungen folgten im dezember.

das ziel der verschiedenen aktionen ist eine breitere öffentlichkeit unter studentinnen und auch lehrenden für diese problematik zu gewinnen und nicht zuletzt den herrschenden unmut über die situation zu bündeln, um damit den raum und die möglichkeit für einen massiveren protest der studentinnen zu schaffen. dabei gilt es allerdings die rahmenbedingungen und politischen entscheidungen, die diese verhältnisse an der universität hervorbringen und weiter vorantreiben, nicht aus dem auge zu verlieren.

 

ag Neoliberalisierung / mc-kinsey

 

daß neoliberalisierung kein phänomen ist, daß allein die verschiedenen weltwirtschaften in neuer weise in konkurrenz zueinander setzt scheint offensichtlich. denn wirtschaften läßt sich nur aus einer je tatsächlichen gesellschaftsformation heraus. im konkreten fall bedeutet dies, daß gesellschaft kompatibel werden muß um den ›neuen‹ globalen anforderungen der wirtschaft zu genügen. in diesem sinne befinden sich die verschiedenen weltgesellschaften in einer phase der umstrukturierung. für den fall deutschland bedeutet dies eine neoliberale umgestaltung des staats-

apparates und seiner institutionen um ›zukünftige‹ wettbewerbsfähigkeit und damit das ›überleben‹ der einzelnen zu garantieren. was dies genau für die einzelnen bedeutet, zeigt sich nun auch für die studierenden, nachdem neoliberale umstrukturierungsprozesse auch in der uni einzug erhalten. im konkreten fall ist das durch den strukturplan, welchen die unternehmensberatung mckinsey im auftrag der universität entworfen hat, geschehen. in diesem ›visionären‹ papier, daß unter völligem ausschluß der studierenden entworfen wurde, geht es um eine ›zukunftsfähige neugestaltung‹ der uni, die forderungen nach autonomie und selbstbestimmung der studentinnen wurden wie selbstverständlich unterlaufen. diese bilden ja vielmehr nur noch die produkte, welche im zuge der neuen zuliefermentalität, für die wirtschaft hergestellt werden. und produkte haben zu funktionieren, nicht kritisch zu denken. zunehmend muss universitäre forschung über drittmittel finanziert werden. zum einen bedeutet das den verlust autonomer forschung und lehre, und damit den verlust einer distanz zum gesellschaftsbetrieb, welche die kritische reflektion und reaktion zu diesem erst ermöglicht hat. zum anderen bedeutet das, strukturelle benachteiligung für jene fachbereiche deren ergebnisse nicht direkt in bare münze umzusetzen ist. neben verkleinerung und zusammenlegung bedeutet dies auch, in unipräsidents steinbergs worten »mut zur lücke«, also die schließung ganzer unrentabler fachbereiche. die universität die einst mit einem bildungsideal angetreten war, verkommt zu einem servicebetrieb der eben nur noch jene ›artikel‹ führt, für welche ›nachfrage‹ besteht – das bildungsideal wird betriebswirtschaftlich umstrukturiert. um rentabilität und effektivität weiter zu erhöhen, ist es nicht weiter verwunderlich, daß die uni auf eine elitären masse rationalisiert werden soll. n. c. und studiengebühren sind die mittel mit welchen die unileitung agiert, um die draußen zu halten, die nicht willens sind bzw. es sich nicht leisten können in diesem system mitzuhalten.

ag rasterfahndung

 

seit september läuft die rasterfahndung auch an der uni frankfurt. der rechtsabteilung der goethe-universität wurde ein beschluss des amtsgerichts wiesbaden übergeben, in dem die uni-leitung dazu aufgefordert wird, »daten bestimmter nationalitäten, die in einem bestimmten zeitraum in technischen und / oder naturwissenschaftlichen studiengängen eingeschrieben waren oder sind, für einen datenabgleich zur verfügung zu stellen.«

präsident steinberg reagierte folgsam, ohne auch nur zu versuchen, die fahndung zu verhindern. warum sollte er auch, da sich seine sonstigen sicherheits- und ordnungspolizeilichen massnahmen wunderbar in den hegemonialen diskurs einfügen. bereits seit längerer zeit patrouilliert ein privater sicherheitsdienst auf dem campus, der leute, die nicht in das bild des weißen, sauberen, jungen, deutschen studenten passen, aus der mensa und anderen gebäuden vertreibt. an verschiedenen stellen wurden kameras installiert. im januar 2001 besetzte die uni-leitung das studentInnenhaus, so dass bis heute ein sheriff an der pforte darüber wacht, dass keinE obdachloseR das haus betreten darf.

nun kommt zu all diesen massnahmen auch noch die rasterfahndung. dabei werden alle personen erfasst, die bestimmte kriterien erfuellen: herkunft aus bzw. staatsbürgerschaft eines landes wie afghanistan oder algerien, männliches geschlecht, islamische glaubenszugehörigkeit etc. das schönste kriterium aber ist die »unauffälligkeit«. wer brav steuern und gez bezahlt, so die denkweise der fahnder, muss irgendetwas verbergen. die gesammelten daten sollen dann abgeglichen werden mit

listen von fluglinien, recyclingsunternehmen, cateringfirmen und selbst reinigungsfirmen. wer glaubt, dass alle gesammelten informationen später wieder gelöscht werden, muss schon sehr naiv sein.

dass dieses vorgehen einen dras-tischen eingriff in die persönlich-

keitsrechte der gerasterten darstellt, ist offensichtlich. wie so häufig in deutschland, ist auch dieser grundrechtsabbau rassistisch konnotiert. durch den generalverdacht gegen alle muslime bzw. menschen aus arabischen ländern wird der eindruck bewusst geschürt, dass ›die ausländer‹ oder zumindest ›die araber‹ alle verbrecher und potentielle fanatische attentäter seien, wie der / die durchschnittliche bildleserIn ja schon lange vermutet. gleichzeitig wird so der rechtstaatliche grundsatz der

unschuldsvermutung weiter ausge-höhlt. man braucht nicht viel phantasie für die überlegung, dass in zukunft auch andere gruppen (z. b. die ominösen ›globalisierungsgegnerInnen‹) gerastert werden könnten. »Wer nichts zu verbergen hat, braucht dies ja nicht zu fürchten.«

unsere ag thematisiert alle diese massnahmen, die im kontext des schilyschen sicherheitspaket stehen, und bemüht sich, durch aktionen und veranstaltungen ein wenig sand in das getriebe des sicherheitsapparats zu streuen. weil wir nicht schritt für schritt in den überwachungsstaat marschieren wollen, fordern wir die völlige wiederherstellung der autonomie des studentInnenhauses, den abbau aller kameras und die abschaffung des sicherheitsdienstes sowie das sofortige ende der rasterfahndung.

und vergessen sie nicht: verhalten sie sich niemals unauffällig!

 

raumspiel-ag studiensituation

 

professorinnen mit dem hang zu losverfahren, anwesenheitslistenterror u. a. autoritären organisationstechniken sowie seminare, bei denen die hälfte der studierenden auf dem fußboden verweilen muss – sie alle wurden kurzzeitig aufgesucht von zwei präsidenten und einigen gefolgs-

leuten. die raumspiel-performance (früher hätte mensch: agitprop-, straßentheater oder gleich ›teach-in‹ gesagt) stellte uni-präsident rudolph steinberg im rhetorisch neoliberalem tête-à-tête mit ministerpräsident roland koch dar, nachdem sich die gruppe zugang zu einem der benannten seminare verschafft hatte (früher-jargon: ›go-in‹). nach einem abriss über den aufnahmestopp

für gesellschaftswissenschafterinnen und lehramtsstudentinnen, den abbau demokratischer mitbestimmungsmöglichkeiten der studierenden im neuen hessischen hochschulgesetz, den verdeckten studiengebühren und ganz offenen für langzeitsurferinnen, dem neoliberalen hochschulentwicklungsplan u. a. reaktionären reformen war noch zeit für eine kleine diskussion. das publikum konnte sich noch der begleitenden infoflyer widmen, danach verschwand der unangemeldete besuch auch schon wieder – und mit ihm auch die aktuellen anwesenheitslisten. zwar ließen die professorinnen esser, puhle, prokop und hoffmann die gruppe gewähren, erstaunlich hingegen die reaktionen des ›emanzipatorischen subjekts‹: des STUDENTEN. die meisten applaudierten höflich, einige wenige reagierten gereizt – nach dem motto: wenn schon stören, dann doch bitte schön vor dem beschluss zum aufnahmestopp. und so bleibt die nicht ganz neue erkenntnis, dass wir weitere kleine performative acts (go-, sit-, teach-, ...-ins) machen, damit unser subjekt den alltäglichen wahnsinn des uni-alltags nicht einfach als wahnsinnig stressigen alltag wahrnimmt und es diese absurdität als das begreift, was sie ist: gaga!

 

raumspiel-subscribe@yahoogroups.com

 

 

 

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maschine mit schluckauf

 

 

 

Du gilst als politische Sozialisations-institution an der Uni. Wie viele Generationen von Turm / Uni-Linken sind schon bis jetzt durch deine informelle Streikschulung gegangen, wie lange studierst du hier?

 

(rülpst)

Die meisten Studis scheinen sich schnell durchzuwurschteln, sind Schein-Studentinnen. Hat sich da was geändert? Bist du selbst von den Repressionen gegen Langzeitstudierende betroffen?

 

Ich denke, dass sich weniger die Studierenden geändert haben, als die Uni. Wenn ich ab und zu Leute treffe, die hier nach 4 oder 8 Jahren her kommen, die erkennen das gar nicht mehr wieder. Der geweißte, sterilisierte Campus, der von jeglichem Graffiti »befreit« ist.

Auch hier in dem diskus-Raum. Alles ist weiß, mir fällt dieses weiß einfach so unheimlich auf. Das war vor ein paar Jahren noch anders, da waren die Wände mehrfach und immer wieder übermalt. Jetzt gibt’s höchstens mal Plakate. Auch das

Outfit der Leute hat sich geändert. Noch Ende der achtziger und Anfang der neunziger war es in bestimmten linken restszenes eher angesagt so gammelig rumzulaufen. Die Bedeutung der Kleidung ist viel stärker geworden. Diese Ästhetik, neue Sauberkeit, diese Veredelung des Stu-

dierendenalltags, das macht natürlich auch eine Atmosphäre aus. Und die war als ich hier gekommen bin noch anders.

 

Kann die Institution Uni von den Studierenden derart getrennt werden oder bedingt nicht die Schwächung der Linken und die Umstrukturierung der Uni auch einen anderen Typus Studierender?

 

Nein. Diesem Motto: »die Studis werden immer blöder – wir waren aber besser.« möchte ich widersprechen. Ich höre das nämlich schon seit zwanzig Jahren. So einen totalen Bruch gab’s und gibt’s nicht. Es gab eine diffuse Spontibewegung, die starken kulturellen Einfluss hatte (der diskus war auch mal im Stupa). Die Theoriegrüppchen und Arbeitszirkel, die es heute gibt, gab’s immer, aber diese waren damals stärker in ein größeres Netz von abstrakt / diffusen Linksintellektualismus eingebunden.

Die Identifikation über die Politgrup-pe war nicht so stark.

 

Du würdest also sagen, dass eine linke oder Spontaneistische kulturelle Hegemonie weggebrochen ist und nur klei-ne, marginalisierte linke Scenes und Grüppchen übriggeblieben sind. Wie verortest du dich selbst in dieser Geschichtslinie?

 

Das Ganze ist ein Teil meiner Geschichte. Ich bin ja eher untypisch. Ich komme vom zweiten Bildungsweg, habe einen ehrenswerten Be-ruf, eine Kaufmannsausbildung gemacht. Und war dann auf einem Abendgymnasium in Frankfurt. Das war eine sehr linke Schule, also: alle Leute kommen durchs Abi, linke Themen, linke Lehrerinnen. Darüber bin ich sozialisiert / politisiert worden. Als ich dann 78 / 79 zur Uni kam, hatte ich eigentlich das Gefühl, hier ist sehr wenig los. Der Mythos ›linke Uni‹ hat damals schon nur bedingt gestimmt. Ich habe erst mal überwiegend Fachschaftsarbeit gemacht, dann aber gemerkt, dass die ganze Gremienarbeit eigentlich für’n Arsch ist.

Ein erster Höhepunkt war die Antistartbahnbewegung 1982, die stark von der Uni mitbeeinflusst wurde. Verschiedene Fachschafts- und andere Aktivgruppen sind rausgefahren, auch Profs haben sich an der Wald- Uni beteiligt. Dies ist heute nicht mehr nachvollziehbar: Zwei Wochen jeden Tag eine Demo mit 200 bis 3000 Leuten. Der politische Erfolg war zwar trotzdem relativ beschränkt aber der ökonomische Nebeneffekt war, dass die Zeil ziemliche Umsatzeinbußen hatte.

Ich bin darüber zu den Spontis (undogmatische Linke) gekommen, ha-be auch mal im Stupa gesessen. Die Spontis haben sich von den K-Gruppen dadurch unterschieden, dass die autoritären Strukturen nicht so offen, sondern eher subtil gewirkt haben, weshalb ich dann auch irgendwann keinen Bock mehr hatte.

1986 habe ich den ersten Streik mitgemacht, Tschernobyl. Wir haben drei Tage lang den Turm zugemacht. Danach gab’s dann Diskussionsveranstaltungen und Demos. die undogmatische Linke hat zu dieser Zeit starken Zulauf bekommen, von Leuten, die vorher vielleicht gar nicht so politisch waren.

88 / 89 war noch mal einer der interessantesten Streiks, nach zwei, drei Semestern Marx war eine gute Grundlage für die Diskussionen und Flugblattproduktionen vorhanden, wir hatten eine gemeinsame Diskussionskultur entwickelt. Das war der erste große bundesweite Streik seit langem. Eine V V fand dann in der Kongreßhalle der Messe statt, mit Platz für 6 000 Studis. Das gibt’s ja an der Uni nicht.

 

89 / 90 war ja der große Bruch, weltgeschichtlich aber vor allem auch für die deutsche Linke. Wie hat sich das auf die Uni-Linke ausgewirkt?

 

Nach dem Anschluss der DDR an die BRD haben wir von den Fachschafteninitiativen einen Kongress in Leipzig an der Karl-Marx-Universität besucht. Wir haben versucht, von einer linken Position heraus in Diskurse einzugreifen. Die lieben Leute aus dem Osten haben sich gefragt, warum sich die lieben Linken aus dem Westen immer streiten müssen. Es hat sich schon damals ein Bruch abgezeichnet, der sich nicht überwinden ließ auch wenn es vereinzelt längere Kontakte gab. Ab den Neunzigern haben sich die Linken / Linksradikalen dann immer stärker aus den Auseinandersetzungen, den Streiks rausgezogen.

 

Ist Uniprotest dann nicht eine total langweilige, elitäre Veranstaltung, die nur nach mehr Büchern schreit?

 

Wenn ich diese oft gestellte Frage höre, klebe ich schon fast an der Decke. Nach welchen Kriterien wird der Erfolg bemessen – die ganze Frauenforschung – ist meine These – wäre ohne die Streiks nicht entstanden. Die Streiks haben mit dazu beigetragen, dass Feministische Theorie, Frauenforschung an der Uni sehr stark ausgebaut wurde.

88 / 89 waren von den 10 Hauptforderungen 5 feministische und die-se wurden absurder Weise noch von einem Macho vorgetragen.

Natürlich bedeutet die Etablierung feministischer Theorie und Frauenforschung nicht automatisch, dass die Leute, die in diesen Institutionen sitzen ein offeneres Verhältnis zu den Studierenden haben oder für eine freie Gesellschaft kämpfen. Der Erfolg von Streiks war vor allem die Entwicklung einer gewisse Egalität von Studierenden und Lehrenden.

 

Was ist eigentlich ein Streik? Worin besteht der Pfeffer: Forderungen erkämpfen, Kollektivität, Politisierung schaffen?

 

Im weitesten Sinne – das ist ein bisschen hochgestapelt – geht es um eine »revolutionäre« Fete. Ein Streik ist ein sinnlicher Ausbruch, bestehende Räumlichkeiten anders zu nutzen, als immer nur stereotyp in den Seminaren zu sitzen und die Monologe der Lehrenden über sich ergehen zu lassen, selbst aktiv zu werden, nach außen zu gehen, sich auf

andere Zeitstrukturen einzulassen. »Den Terror der Normalität durchbrechen«. Worum es gehen sollte, ist doch versuchtes Leben. Aber was hier passiert, ist kein versuchtes Leben, sondern eine Maschinerie mit ein bißchen Schluckauf.

Eine der interessantesten Sachen des letzten Streiks war eine Asso-

ziationsmontage der konstruktiven KommilitonInnen. Jede / r schreibt ein Wort und alles zusammen wird dann als Pamphlet veröffentlicht. Dies war die Möglichkeit ohne Druck etwas Sinnvolles zu Papier zu bringen, einfach zu assoziieren. Das Thema Streik, die mediale Inszenierung, spielerisch zu durchbrechen. Ich bin stark fürs brockenhafte, du kannst das aphoristische nennen, du kannst das ausgekotzt nennen. Ist eigentlich egal. »Patchwork« ist so ein blasser Begriff, aber ich denke tatsächlich, dass die Leute sich selbst zusammenbasteln sollten: den Text.

Ansonsten produzierst du diese Fernsehatmosphäre, die ich hier auch schon wieder spüre. Ich finde das gerade wichtig, darüber zu diskutieren wie so ein Interview eigentlich aufgebaut ist, du scheinst mir schon wieder so stark in Strukturen zu denken: Was kommt zuerst, was serviere ich den Leserinnen als nächstes?

 

Um wieder zu den Streiks zurückzukommen. da scheint unheimlich viel zu passieren, Wiederaneignung der Räume, eine veränderte Zeitwahrnehmung usw. trotzdem sind die Leute frustriert und ziehen sich beim nächsten mal raus?

 

88 / 89, 90 / 91, 93 / 94, 97 / 98. Vier Streiks in zehn Jahren und fast immer komplett neue Leute. Der Streik, das Aufbrechen des alltäglichen Wahnsinns, erzeugt Hoffnung, es könne sich auch gesamtgesellschaftlich etwas radikal verändern. Insofern ist die Normalität, die danach zurückkehrt umso unerträglicher.

Andererseits scheinen sich viele der Illusion hinzugeben, ein Streik würde noch aus der letzten Spießerin eine Kommunistin oder so machen. Da moquieren sich Teile der radikalen Linken, die jetzt unter anderem im Diskus sitzen – bumm – sie hätten keine politischen Statements machen dürfen, und es habe Zwischenbemerkungen und Buhrufe gegeben, wenn jemand aus anderen Ländern oder Feministinnen sprechen wollten. Für mich ist Brüllen ein Zeichen der Auseinandersetzung und nicht Stillschweigen und Klatschen. Das schlimmste an so VVs finde ich immer, wenn alle klatschen. Lieber ein paar Zwischenrufe von Reaktionären, um die Sache auszukitzeln. Das habe die Spontis noch richtig genossen. Die haben die Eier zurückgeschmissen, die haben zu-rückgebrüllt. Diese politische Streitkultur ist verlorengegangen, heute sind die Leute in ihrem Narzissmus gekränkt, wenn sie kritisiert werden.

 

Zum Abschluss: Was ist aus den vorherigen Streiks zu lernen, ihren Erfolgen, Fehlern, was sollte vermieden werden?

 

Ich denke es ist wichtig, dass im Zweifelsfall der Fehler noch mal gemacht wird. Denn es geht um die Prozesse. Die Thematiken und die Erkenntnisse sind nicht vorwegnehmbar.

Wichtig wäre es möglichst wenig auszugrenzen und sich mit anderen Positionen auseinanderzusetzen um eine Kommunikation im grösseren Rahmen zu ermöglichen.

Der offene Diskurs wird durch elitäre, wissenschaftliche, narzisstische Strukturen in der Uni behindert. Das IG- Farben- Gelände bringt es auf den Punkt: neue Sauberkeit, mehr Verschulung weniger Kommunikation. Es fehlen die Bezugsgruppen und der Alltag von Studierenden ist stärker strukturiert als früher. Die Einübung der Disziplinierung findet schon vor allem im Grundkurs statt. Seitenzahl – Abstand – Schönes Layout bestimmen die Referate. Die Zergliederung der Seminare und Vor-

lesungen des FB  03 auf den alten Unicampus macht es noch schwieriger Initiativen zu starten. Auch Themen wie Krieg spielen keine Rolle. Es bleibt bei zynischen Bemerkungen der Lehrenden in einzelnen Seminaren. Der FB  03 wird zunehmend zur »Verwaltungswissenschaft« zur »Institutionenkunde«.

 

 lodada + bini

 

 

 

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Widerstand? Da muss man erst mal genau gucken.

 

 

 

Der Versuch, »einen Dialog« zwischen Poststrukturalismus und Kritischer Theorie zu initiieren, ist zum Dauerbrenner in der radikalen linken Theoriebildung geworden. Nach den beiden prominentesten Versuchen, dem Band «Kritische Theorie und Poststrukturalismus« der jour-fixe-Initiative Berlin und »Geschlecht als Existenzweise« von Andrea Mai-hofer liegt nun ein neuer Entwurf vor: Im VENTIL-Verlag ist nun ein mit 16,90 EUR doch recht teurer Sammelband erschienen, der die Ergebnisse der gleichnamigen Frankfurter Konferenz im Februar dokumentieren soll. Doch dies macht bereits etwas stutzig: Damals war der »Dialog« ja gründlich schiefgegangen.

Glücklicherweise erscheint das Buch demgegenüber deutlich erwachsener. Ob durch Erkenntnisfortschritt der AutorInnen oder durch die selektive Auswahl der veröffentlichten Referate durch die HerausgeberInnen: Das Buch verschweigt weder die vielfältigen Differenzen innerhalb emanzipatorischer Theoriebildung, noch werden diese zu Glaubensfragen stilisiert, die Seite der Barrikade, auf der man stehen wird, zuweisen. Zwar werden auch diesmal nicht die in der Einleitung genannten zentralen »Zerrissenheiten, Widersprüchlichkeiten, Streitigkeiten und offene Fragen« gelöst (genannt werden »die Bezugnahme auf ein aufklärerisches Subjektverständnis«, »die normative Begründbarkeit politischer Praxis«, »die politische Dimension emanzipatorischer Gesellschaftskritik« – gemeint ist die Diskussion um Radikaldemokratie – und »die Suche nach befreiendem Potential im Postfordismus«), gleichwohl ist hier eine Form gefunden, in der unterschiedliche Ansätze gegen unterschiedliche aktuelle Herrschaftsformen in Anschlag gebracht werden können.

Möglich ist dies freilich nur, weil entscheidende Elemente von Poststrukturalismus und Kritischer Theorie ausgeblendet werden. Zurecht: Wer eine solche Ausblendung zu vermeiden suchte, landete schnell bei gegensätzlichen Bezugnahme auf Heidegger und bräuchte gar nicht mehr weiterüberlegen. Während die jour-fixe-Initiative auf eher abstrakt-philosophischer Ebene die Kompatibilität der konkurrierenden Theorieschulen diskutierte und Maihofer die Konstitution von Körper und Geschlecht fokussierte, scheinen hier der Postfordismus und Globalisierung der rote Faden zu sein. Auch die Themen Rassismus und Geschlechterverhältnisse werden auch ihre Veränderungen durch die Veränderungen ökonomischer Verhältnisse hin untersucht. (Die Befürchtung, damit könnte einem neuen Grundwiderspruchsdenken das Wort geredet werden, kann durch die Plausibilität der angestellten Überlegungen entkräftet werden.) Es legitimiert das »Dialogprojekt« nochmals, dass explizit neue und unabgeschlossene Phänomene zum Gegenstand der Kritik werden. Die Traktierung von Herrschaftsverhältnissen der Gegenwart ist immer schwierig und gefahrvoll, wer da auf mögliche theoretische Werkzeuge verzichtet oder glaubt, alle Probleme mit dem Mas-terplan lösen zu können, macht sich des Scheuklappentragens schuldig. Dass fast alle Beiträge mit einem Hinweis darauf enden, wo und in welcher Weise weiternachgedacht werden muss, statt griffige Thesen zu formulieren, kann man wohl nicht diesem Buch, sondern allein den komplizierten Verhältnissen anlasten. Möglicherweise ist dieser Sammelband ein Schritt zu einer emanzipatorischen Theorie, die wie Serhat Karakayali in seinem Beitrag fordert, erworbene Identitäten historisch und gesellschaftlich kontextualisiert, anstatt sie pauschal zurückzuweisen oder abzufeiern.

 

Judith Marx

 

 

Jan Deck / Sarah Dellmann / Daniel Loick / Johanna Müller (Hrsg.): Ich schau Dir in die Augen, gesellschaftlicher Verblendungszusammenhang! Texte zu Subjektkonstitution und Ideologieproduktion. Mainz 2001: VENTIL, 192 Seiten, Paperback, 16,90 EUR

 

 

 

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Von Genua nach München

 

 

 

Wie jedes Jahr findet im Februar die »Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik« (die frühere Wehrkundetagung) statt, ein Treffen von Regierungsvertretern der NATO-Staa-

ten und rund 200 hochkarätigen Militärstrategen, Generälen und Rüs-tungsexperten.

Die versammelten EU- und NATO-Repräsentanten, die Kriegs- und Au-ßenminister der USA, der BRD und der übrigen EU-Staaten wollen der Öffentlichkeit vorgaukeln, bei dieser Konferenz gehe es um die Wahrung des Friedens auf der Welt und um internationale Sicherheit. Das Gegenteil ist richtig: Sie planen den nächsten Krieg.

Hinter den verschlossenen Türen im Nobelhotel »Bayerischer Hof« – abgeschirmt von der Öffentlichkeit – reden sie nicht über Sicherheit, sondern über die Aufstellung schlagkräftiger mobiler Eingreiftruppen, über neue milliardenschwere Rüstungsprogramme und über die Stationierung modernster High-Tech-Waffensysteme im Weltraum. Jahr für Jahr geben die NATO-Staaten dafür rund 1 000 Milliarden Mark aus.

Doch wäre es verfehlt, die NATO-Staaten als einen homogenen Block zu verstehen. Vielmehr tragen sie ihre innerimperialistischen Rivalitäten immer offener aus, seit der gemeinsame Hauptfeind – die Sowjetunion – nicht mehr existiert. Alle europäischen Treueschwüre für die NATO, alle Beteuerungen über die Unverzichtbarkeit der USA als Bündnispartner, können nicht darüber hinweg täuschen, dass der Machtkampf zwischen den USA und den europäischen Staaten bereits voll im Gang ist. Im zähen Ringen teilen die »Herren der Welt« die Rechte »auf ungehinderten Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt« unter sich auf. Die USA, Deutschland und die EU wollen ihre wirtschaftli-

chen Interessen und ihre globalen Machtansprüche notfalls mit militärischer Gewalt gegen den Rest der Welt durchsetzen – entweder gemeinsam mit der NATO oder in militärischen Alleingängen der USA oder der EU. Der NATO-Krieg gegen Jugoslawien hat hierbei die Bestrebungen der Europäer, sich eigene militärische Machtinstrumente zuzulegen, enorm beschleunigt.

Die Münchner Sicherheitskonferenz ist kein lokales Ereignis. Sie ist das Davos der NATO und ihrer Militärstrategen. Deshalb – mischt Euch ein: Gegen das Treffen der Welt-Kriegselite in München! Kein Frieden mit den Kriegsplanern! Stoppt die Kriegspolitik der NATO-Staaten!

Wir rufen auf zu massiven Protestaktionen, damit diese NATO-Konferenz nicht so störungsfrei wie bisher über die Bühne geht.

 

 

Kundgebung: Freitag, 1. Februar 2002, 17.00 Uhr, Marienplatz · Demonstration zum Tagungsort: Samstag, 2. Februar 2002, 12.00 Uhr, Marienplatz; Abends: Gegenkonferenz gegen die NATO-Kriegspolitik

 

Koordination und Kontakt: Fon 089 / 16 95 19 Fax 089 / 168 94 15 · smash_racism@hotmail.

com · www.buendnis-gegen-rassismus.de

 

 

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Crossover Conference des An-tiracist Anti-sexist Summer Camp Project

 

 

 

Einladung zur Konferenz am 17. – 20. Januar 2002 in Bremen

 

Wir gehen davon aus, dass sämtliche Macht- und Herrschaftsverhältnisse aufs engste miteinander verzahnt sind. Deshalb machen wir u. a. Nation, Patriarchat, Kapitalismus, Heterosexismus, Antisemitismus und Rassismus in ihren Verschränkungen zum Thema. Wir wollen uns auf dem Treffen mit Herstellungsprozessen verschiedener Dimensionen von Identität (z. B. Geschlecht, Ethnizität, Klasse) beschäftigen. Was haben die-se mit Macht, Herrschaft und Widerstand zu tun?

Ziel des Treffens ist, Leute aus unterschiedlichen politischen Richtungen zusammenzubringen, Schnittstellen zu finden, neue Bündnisse zu schaffen, an Interventionsformen zu arbeiten und damit neue Impulse für eine radikale, emanzipatorische, libertäre, linke, politische Praxis zu geben.

 

Workshops

 

           Zweigeschlechtlichkeit, sexuelle Gewalt, Militär und Krieg. Perspek-tiven eines antipatriarchalen Antikriegswiderstands. Mit Samira Fansa, Berlin.

 

           Innere Sicherheit, Ethnisierung und Kriminalisierung. Rassistische Mobilisierung nach dem 11. September 2001. Mit Hito Steyerl, Berlin.

 

           Das Gestohlene stehlen. Ein Aktionsworkshop über die Wiederaneignung des weiblichen Körpers. Mit den Siostry Frankenstein, Warschau.

 

           Kinderspiele. Und raus bist du. Ein Workshop über Ausschlüsse. Mit den Siostry Frankenstein, Warschau.

 

           Radical Cheerleading, Pink Silver, Konfrontation – Chancen und Grenzen. Ein Aktionsworkshop mit den emancypunx, Warschau und N. N., Bremen.

 

           Eine neue Sicht auf Prostitution, Frauenhandel und Gesellschaft. Mit Ewa Majewska und Joanna Garnier von La Strada, Warschau.

 

           Geschlecht schlägt Klasse. Oder: Im Bordell sind alle Männer gleich. Workshop zu Prostitutionskunden. Mit Crazy Horse, Bremen.

 

           Postmoderne, Bildungsbürgerlichkeit und Klassenherkunft. Mit Erich Landrocker, Münster.

 

           Schwul oder queer oder was? Fragen aus dem Homoland. Ein 10 Jahre altes Projekt stellt sich vor.

 

           Differenzen in Sexualitäten und Männlichkeiten. Mit der AG Sexualitäten und Männlichkeiten, Berlin.

 

           Was ist normal? Der Körper im Diskurs um Behinderung und Normalisierung. Mit Anja Tervooren, Berlin und Rebecca Maskos, Bremen.

 

           Patriarchat und Antisemitismus – Suchbewegungen. Mit Tanja Berg, Berlin und Gregor Samsa, Bremen.

           Wechselnde Perspektiven. Debatten um Identität und Differenz: Folgen für feministisch-antirassistische Handlungsfähigkeit. Mit Anette Dietrich, Andrea Nachtigall und Ronja Eberle, Berlin.

 

           Grenzüberschreitungen und kulturelle Mischformen als antirassis-

tischer Widerstand? Mit Umut Erel, Hamburg.

 

           Postkoloniale Kritik und Queer Politics. Zu Grenzregimes, Subalternität und Widerstand. Mit Encarnacion Gutierrez Rodriguez, Hamburg.

 

           Reproduktionskonten – Onlinebanking: Sexualität, Greencard und die Liebe zur Arbeit. Mit Renate Lorenz, Pauline Boudry und Brigitta Kuster, Berlin.

 

           Unternimm dich selbst. Gouvernementalität sexueller und gender-

Dis- / Identifikationen. Mit Katharina Pühl & Queer N. N., Frankfurt / Main.

 

           Subjektivität im Neoliberalismus. Szenen aus dem Film ›Billy Elliot‹ als Einstieg zur Diskussion über eine neue Form des Kapitalismus und de-ren Auswirkungen auf das eigene Leben. Mit Nancy Wagenknecht, Bln

 

           Frauen, Flucht und Migration.

Mit N. N.

           Das strategische Schweigen – Geschlechter-Verhältnisse der Globalisierung. Mit Ariane Brenssell, Berlin.

 

Filme

 

Once were Warriors    High Art    La difference    The Battle of Tuntenhaus    No Border No Nation    Die letzten Männer    Digo? Soll ich's sagen?    Unsichtbare Hausarbeiterinnen    Wir sind schon da!    Performing the Border    Zwitterterrorisiert

 

Ausstellung

 

»Bilder aus dem Transitbereich«

 

Kontakt

 

           Infotelefon ab dem 16. Januar 2002: 0177 / 757 76 15

           Postadresse: summercamp c / o A6-Laden, Adalbertstr. 6, 10999 Berlin

           Informationen zum Programm der Eröffnungsgala und Updates zum Workshop- und Filmprogramm gibt es auf unserer website www.summercamp.squat.net

           E-mail: summercamp@squat.net

           Telefon: 030 / 61 30 54 54

 

 

 

[Ausführlichere Selbstdarstellung des Sommercamps siehe auch diskus Nr. 1.01]