Führe
mich sanft … // Die Kunst, nicht dermaßen regiert zu werden // Gouvernementalität – Anschlüsse an Michel Foucault |
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Studentische
Tagung am 2. und 3. November 2002
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Führe
mich sanft
gib mir einen Trunk-Trank etwas das Eifer schafft. Eine geheime Wissenschaft die mich entkrampft. Führe mich sanft. Es ist alles so einfach [ Tocotronic ]
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Im Rahmen einer fachbereichsübergreifenden studentischen Arbeitsgruppe beschäftigen wir uns seit einem Semester mit dem Thema »Gouvernementalität der Gegenwart«. Als Studierende und Graduierte möchten wir mit der Tagung ein Forum schaffen, das über den Rahmen, Texte zu lesen und intern zu diskutieren, hinausgeht. Mit kurzen Beiträgen zu unterschiedlichen Positionen zum Thema wollen wir (nicht zuletzt zur eigenen Orientierung) zur Diskussion einladen, um Fragen nach den Potentialen des Gouvernementalitätsansatzes nachzugehen. Michel Foucault hat auf die unterschiedlichsten Disziplinen grundlegenden Einfluss genommen: philosophische Ethik, politische Theorie, Soziologie, Kulturtheorie, Pädagogik oder Wissenschaftsgeschichte. Eigentümlicherweise wird dieser Einfluss in Deutschland noch immer überschattet von den Kontroversen, die seine Machttheorie vor allem unter VertreterInnen der Kritischen Theorie auslöste. Foucault totalisiere Macht in seiner Konzeption, so der Haupteinwand, und lasse keinerlei Spielraum mehr für Widerstände. Seine Zuwendung zu einer »Ästhetik der Existenz« interpretieren viele als Eingestehen des Scheiterns der Machttheorie. Die Tagung versucht, Foucaults theoretische Konzeption der Gouvernementalität für eine Genealogie des modernen Staates als Ausgangspunkt für eine Analyse neoliberaler Regierungstechnologien und neue politische Praxisformen zu nehmen. In der Konzeption von Gouvernementalität wird der Staat aus einer Vielzahl mikro- und makropolitischer Praktiken und als Ergebnis gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse gebildet. Der etwas schwerfällige Begriff der Gouvernementalität ist zu verstehen als Denkweise oder Kunst des Regierens. Foucaults Begriff der Regierung umfasst dabei nicht nur die Regierung des Staates durch die Politik, sondern auch die vielfältigen Form der Fremd- und Selbstführungstechniken. Dieser Begriff der Regierung vermittelt erstmalig in Foucaults Werken zwischen Macht und Subjektivität und lässt sich als eine bestimmte Form der Problematisierung verstehen. Dies bedeutet, dass ein (politischer) Raum beschrieben wird, in dem bestimmte Probleme des Regierens auftauchen und die Regierung der Dinge und Menschen unter gleichzeitiger Bezugnahme auf und der Herausbildung von einem spezifischen Wissen, wie bestmöglich regiert werden sollte, gestaltet wird. Ferner ermöglicht der Begriff Gouvernementalität stärker zwischen einer abstrakten Macht und konkreten Herrschaftsverhältnissen, gegen die sich Widerstände formieren können, zu differenzieren. Und nicht zuletzt kann der Begriff Gouvernementalität als Hintergrund zur Entwicklung von Analyseinstrumenten dienen, um die Formierung von Wissen/Macht-Komplexen zu untersuchen. Foucault mit der Gouvernementalität heute politisch nutzbar zu machen bedeutet, den Staat nicht nur als reine Repressionsinstanz zu betrachten, sondern ihn vor allem als Institution der produktiven Wissen/Macht-Komplexe zu begreifen und somit die Widersprüche und Ambivalenzen aktueller Politiken erfassen zu können. Gouvernementalität ist demnach weder eine Staatstheorie noch eine Staatskritik, vielmehr geht es um die Analyse der Regierungstechnologien, die den Staat definieren und formieren, es geht also um eine Kritik der Staatstheorie. Inwiefern können dabei jenseits von »Tagesschau« und Repräsentation neue Orte der politischen Auseinandersetzung markiert werden, beispielsweise in den alltäglichen Lebensweisen, in der Privatsphäre und nicht zuletzt im eigenen Selbst? Die Tagung setzt den Fokus genau deshalb bei seiner – gerade in Frankfurt – spärlich rezipierten Genealogie des modernen Staates an. Im Anschluss an Auseinandersetzungen mit theoretischen Arbeiten der »Gouvernementalität der Gegenwart« und der »studies of governmentality« fragen wir danach, wie heute von neoliberalen Regierungstechnologien, die ein flexibles Selbstmanagement und Vorsorgekonzeptionen generieren, gesprochen werden kann und inwiefern sie bisherige Vorstellungen des Sozialen de- und umcodieren. Wir verstehen diese Tagung als offenes Forum und als
work-in-progress, um gemeinsam das innovative Potential dieses Ansatzes
theoretisch und politisch nutzbar zu machen und zu diskutieren. Hierzu
laden wir alle Interessierten herzlich ein!
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[ Fragen und Gedanken zum Thema ] | weiter / zurück | |||||
Was bedeutet es praktisch,
wenn von Gouvernementalitäts-Konzept, -Perspektive, -Ansatz, -Theorie,
-Analyse, -Prinzip gesprochen wird? Kann man mit dem Begriff etwas »besser«
analysieren bzw. herauskristallisieren? |
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