Wer hat denn das hier gemacht?

für alle, die interessiert, wie das erste frankfurter ladyfest entstanden ist und welche ideen und leute dahinterstecken, hier eine kleine vorstellung der orga-gruppe... die idee, in frankfurt ein ladyfest zu organisieren und durchzuführen, ist im laufe von besuchen von ladyfesten anderer städte gewachsen. Es war immer wieder lustig und überraschend, dort zufällig leute zu treffen, die aus der gleichen stadt angereist waren. Die ladiez, die sich somit häufiger wieder trafen und austauschten, die inspiriert waren von der arbeit der anderen veranstalterinnen (an dieser stelle ein dickes danke an die vielen menschen, die so tolle ladyfeste in den letzten jahren organisiert haben!), wollten immer dringender auch für mehr präsenz von frauen in der diy/punk/hardcore/whatever-szene in “ihrer” stadt frankfurt sorgen. im sommer 2005 haben sich dann zum ersten mal im cafe exzess frauen getroffen, die lust hatten, ein ladyfest zu organisieren und sich mit anderen frauen zu ver netzen. im september 2005 gab es ein ladyfest-soli-und-introducing-konzert mit den SLAGS im ivi und dann gab es den ganzen herbst und winter über ganz viel arbeit und plena und diskussionen, und das ergebnis dieser mühen und späße kannst du an diesem wochenende erleben!

 

Vom Riot Grrrl zur Lady

Die Wurzeln der Ladyfeste sind in der Riot Grrrl-Bewegung zu finden, die Anfang der 1990er Jahre eine popkulturelle und feministische Bewegung junger Frauen war, die ihr ‚Mädchen-Sein' offensiv mit Forderungen nach Sichtbarkeit und Respekt verbanden. Diese Bewegung war in den USA um einiges politischer präsent, als ihr kommerzieller Import nach Europa, zu dem man nur das Stichwort ‚Girlie' nennen muss.

Hierzu ein Auszug aus dem Riot Grrrl Manifest:

"WEIL es für uns Mädchen einfacher werden soll, unsere Arbeiten zu hören/sehen, damit wir uns unsere Strategien teilen und uns gegenseitig kritisieren/applaudieren können. WEIL wir die Produktionsmittel übernehmen müssen, um unsere eigenen Bedeutungen zu kreieren. WEIL wir Wege finden wollen, wie wir antihierarchisch sein und Musik machen, Freundschaften und Szenen entwickeln können, die auf Kommunikation und Verständnis basieren und nicht auf Konkurrenz und Kategorisierungen von Gut und Böse. WEIL wir Kapitalismus in all seinen Formen hassen und weil es unser zentrales Ziel ist, Informationen zu teilen und wir nicht den herrschenden Standards entsprechend nur Geld machen oder cool sein wollen."

Aus dieser Idee, solidarisch unter Frauen bzw. Mädchen Musik zu machen und sich ein Möglichkeit der Repräsentation zu schaffen, entstand 2000 das erste Ladyfest in Olympia (USA). Hierfür wurde sich jedoch vom Begriff ‚Girl' bzw. ‚Grrrl' verabschiedet und der Versuch unternommen, sich den Begriff ‚Lady' anzueignen bzw. umzudeuten. Man bedenke dabei nur die Schwierigkeit, dies im Deutschen zu tun: wer von uns möchte sich schon gerne ‚Dame' nennen? Gibt es eine Möglichkeit, die patriarchale und bürgerliche Vergangenheit dieses Begriffs zu negieren? Somit verbleiben wir beim englischen ‚Lady', dem zwar auch ähnliche Konnotationen anhängen, jedoch auch Respekt gegenüber der Person einfordert und eine gewisse Souveränität der Person voraussetzt. Im Kontext der Ladyfeste wird im Begriff ‚Lady' auch von biologisierenden Zuschreibungen Abstand genommen. So ist ein Motto, das sich nahezu bei jeder Veranstaltung finden lässt: "What ever your gender may be - if you feel like a Lady, be part of the Ladyfest." (Was immer deine Geschlechtsidentität sein mag - wenn du dich wie eine Lady fühlst, nimm teil am Ladyfest.)

Fast explosionsartig hat sich die Idee in Europa verbreitet. Seit 2003 finden auch in Deutschland Ladyfeste statt. Der Anspruch reicht von Frauenförderung und networking im kulturschaffenden, politischen und theoretischen Bereich bis hin zu einfach Party machen. Dahinter steckt die Idee, eine feministische Veranstaltung offen und attraktiv für alle Geschlechter zu machen und damit feministischen Politiken einen Raum zu geben. Trotz dem expliziten Bezug auf die Kategorie ‚Frau' soll jedoch mit der Verwendung des Begriffs ‚Lady' kein Ausschluss von Transgenders oder anderen Meschen stattfinden, die sich von der feministischen Selbstbezeichnung als ‚Lady' angesprochen fühlen. Stattdessen kann eine Auseinandersetzung damit stattfinden, was ‚weiblich' ist, welche Klischees von ‚Weiblichkeit' wir ablehnen, wo wir aber vielleicht eine Verteidigung gegen ‚männliche' Standards für sinnvoll halten. Diese Ambivalenz zwischen einem Essentialismus, der die Körper, mit denen wir geboren werden als wertvoll annimmt und einer Dekonstruktion, die keine Schwäche den Körpern, sondern einer uns verletzenden Gesellschaftsformation zuschreibt, mit dieser Ambivalenz gilt es mit der Zuschreibung ‚Lady' umzugehen.

Für ein Ladyfest gibt es jedoch keine Agenda, kein Format und keine Corporate Identity. Jedes Ladyfest ist Produkt von den Menschen, die sich, ihre Fähigkeiten und Interessen einbringen. Deshalb folgt nun unsere Vorstellung von einem Projekt, das es zu realisieren gilt.

FFMLadiez: Konzept

Klar, dieses Fest will alles sein: feministisch, queer und unkommerziell, sich gegen Kapitalismus, Rassismus und Antisemitismus wenden, will öffentliche Freiräume schaffen und gegen Zweigeschlechtlichkeit, Zwangsheterosexualität, Konkurrenzdenken, Schönheitsideale und Alltagszwänge einen Raum bieten. Ist dieser Anspruch nicht etwas zu hoch? Wie Luka Skywalker (DJane) in einem Interview mal sagte: "Weil ich aber eine Frau bin, muss ich außer Kunst zu machen, auch noch den Kapitalismus abschaffen, neue Lebensformen finden, mein konstruiertes Geschlecht und das der anderen reflektieren (...) und immer wieder mich selbst in Frage stellen."

Deshalb haben wir bisher einige Schwerpunkte gesetzt, die für uns besonders wichtig sind:

" Bei unserer bisherigen Verständigung darüber, wie wir unser Ladyfest wollen spielte immer die Atmosphäre eine wichtige Rolle: Wir wollen einen Raum, den wir nach unseren Vorstellungen gestalten und der nicht durch bereits bestehende Strukturen ein bestimmtes Verhalten vorgibt oder nahe legt. So ist die Idee entstanden, ein Haus für unser Fest zeitweise zu besetzen bzw. zur Zwischennutzung zu suchen. Damit wollen wir einen Raum schaffen, in dem eine Atmosphäre entstehen kann, in der sich alle Wohlfühlen: Eine relaxte Atmosphäre anstelle von den immer gleichen, die sich breit machen. Das bedeutet auch, sich selbst für den Raum verantwortlich zu fühlen und die Möglichkeit zu bieten, dass Leute sich an Ansprechpartnerinnen wenden können, wenn es stressige Situationen gibt. Dieser Raum soll offen für unsere Ideen sein, er soll von uns gestaltet werden. Damit gilt es auch, andere, nicht ausgetretene Wege zu gehen. " Wir stellen uns ein nicht kommerzielles Ladyfest vor, deren Preise moderat sind, damit jede teilnehmen kann. Wir wollen bereits bestehende autonome Räume unterstützen und mit dem Ladyfest eine Möglichkeit schaffen, kurzzeitig aus dem immer währenden Verwertungszusammenhang auszusteigen. Gleichzeitig wollen die Musikerinnen unter uns auch Konzerte in größeren Räumen mit tollen Bühnen und guter Technik machen: Es geht darum, den sogenannten Frauenbands zu ermöglichen, nicht immer nur im Jugendclub um die Ecke zu spielen, sondern auch mal bessere technische Möglichkeiten zu nutzen. So müssen Kompromisse gefunden werden zwischen guten Auftrittsmöglichkeiten und Autonomie vom Kommerz. Für die Workshops und andere Veranstaltungen gilt dasselbe. " netzwerkbildung von/für Frauen innerhalb linker Zusammenhänge. Insbesondere wünschen wir uns ein Ladyfest, bei dem auch Frauen mit migrantischem Hintergrund mitwirken, sich einbringen und ein Angebot entsteht, von dem sich unterschiedliche Ladiez angesprochen fühlen. ES LEBE DIE VIELFALT! " Neben Partys und Konzerten liegt unser Interesse auch auf verschiedenen anderen Gebieten, nämlich Ausstellungen, Filmen und Literatur, aber auch theoretischen Veranstaltungen zu feministischen Positionen und Debatten. Wir bewegen uns an den Schnittstellen zwischen Musik, Ästhetik und theoretischen Debatten. Wir haben verschiedene politische Biografien, Politikformen und Hintergründe (theorie und keine Theorie, autonom, frauenpolitik….). Wir wollen vielfältige unterschiedlichkeiten nicht gleichmachen, sondern uns vernetzen und gegenseitig bereichern.

 

"Popkultur und Feminismus"

Es ist nicht nur ein Party-Ding, es geht um das F-Wort: Für uns als Gruppe ist es selbstverständlich, feministische Positionen zu beziehen, obwohl diese unterschiedlich artikuliert werden. Gerade um uns in unserer Unterschiedlichkeit kennenzulernen, ist es nötig die verschiedenen Erfahrungen mit Feminismus und Anti-Feminismus auszutauschen und offen zu legen. ‚Das Private bleibt Politisch' ist daher eine Forderung, die immer wieder notwendig und wichtig erscheint, als Voraussetzung um über feministische Positionen reden und verhandeln und Bündnisse schließen zu können.